Herne. . In Herne kommt eine Frau (90) seit vier Wochen nicht mehr vor die Tür. Grund: Der Fahrstuhl ist kaputt - und ein Ersatzteil nicht aufzutreiben.

Sie ist 90 Jahre alt und sitzt in der siebten Etage des Hochhauses an der Von-der Heydt-Straße 39 fest, kann nicht vor die Tür: Der Aufzug ist kaputt. Seit vier Wochen. „Ihr fällt die Decke auf den Kopf“, klagt ihr Enkel. Und nicht nur der alten Dame: „Die Mieter in dem Haus haben alle einen dicken Hals.“ Der könnte in den kommenden Tagen noch dicker werden.

Aber der Reihe nach. Wer schlecht zu Fuß ist oder in höheren Etagen wohnt, kann nicht raus aus dem Gebäude in Herne-Mitte. So wie die 90-Jährige, die ihren Namen lieber nicht veröffentlicht wissen will. Ohne Aufzug kann sie keine Luft schnappen, aber auch nicht spazieren, zum Einkaufen oder zum Arzt gehen, erzählt ihr Enkel (51) der WAZ. Das setze ihr zu. Auch die Tochter der Mieterin ist sauer. Sie würde ihrer Mutter gerne helfen, sagt die 72-Jährige, aber sie habe kaputte Knie, schaffe die sieben Etagen auch nicht mehr.

Urenkelein übernimmt Besorgungen

Was tun? Die Familie schlägt sich in diesen Tagen durch. Wenn was fehlt, macht die Urenkelin Besorgungen. Zum Glück bekomme die Frau Essen auf Rädern, fürs Mittagessen sei also gesorgt. Allein: Nun müssten die Mitarbeiter des Lieferdienstes immer durchs Treppenhaus und rauf- und runterlaufen – und seien entsprechend bedient, berichtet der Enkel. Er hofft, dass kein Notfall eintritt. Bis Rettungskräfte etwa in eine obere Etage gelangen, ja Patienten über die Treppen in einen Krankenwagen bringen, könnten wichtige Minuten vergehen.

    Am nächsten Tag wird repariert – heißt es seit 4. April.  
    Am nächsten Tag wird repariert – heißt es seit 4. April.   © OH

Die große Hoffnung der Bewohner: dass der Aufzug endlich wieder fährt. Auf einem Zettel eines Herner Aufzugsdienstes, aufgeklebt im Eingang des Hochhauses, steht die frohe Nachricht: „Die Reparatur erfolgt morgen.“ Allein: Die Notiz ist vom 4. April, passiert ist nichts. Den Enkel verwundert das nicht. Besitzer des Hauses ist ein Berliner Immobilien-Unternehmen, und mit diesem „gab es schon häufig Probleme“. So seien die Fenster undicht, und die Heizung laufe auch nicht immer rund. „Von denen wird so gut wie nichts gemacht, die machen nur das Nötigste“, klagt der 51-Jährige.

Hausverwalter bittet um Verständnis

Auf Nachfrage der WAZ verweist die Gesellschaft auf ihren Hausverwalter, der in Oberhausen sitzt. Beim dritten Anruf der WAZ geht er schließlich an den Apparat – und bestätigt den Stillstand des Aufzugs. Grund sei ein Ersatzteil, das gerade nicht lieferbar sei: „Darauf warten wir.“ Dass die Mieter sauer seien, könne er verstehen, aber ihm seien die Hände gebunden. „Ich bin ganz bei den Leuten“, bittet er um Verständnis, er selber rufe mehrmals die Woche bei der Aufzugsfirma an – bislang vergeblich.

>>> DAS SAGT DAS MIETRECHT

In der Regel haben Mieter beim längeren Ausfall eines Aufzugs ein Recht auf Mietminderung, heißt es beim Mieterverein. Laut Fachanwälten seien Mietminderungen bis zu 20 Prozent möglich. Je höher Mieter wohnen, desto mehr Geld dürften sie abziehen.

Weitere Informationen geben unter anderem die Mietervereine HER 50078 oder WAN 71539.