herne. . 100 Jahre Awo - und der Himmel weint. Die Herner Arbeiterwohlfahrt ließ sich am Samstag nicht vom Wetter beirren und feierte ein großes Fest.
100 Jahre Arbeiterwohlfahrt - das muss gebührend gefeiert werden: Die Awo Herne hatte für Samstag von 11 bis 19 Uhr zur großen Geburtsparty auf den Robert-Brauner-Platz eingeladen. Das Wetter spielte dabei zum Leidwesen der Organisatoren mehr als eine Nebenrolle.
Die Gründung
Am 13. Dezember 1919 gründete die Sozialdemokratin Marie Juchacz mit Zustimmung ihrer Partei in Deutschland die Awo als „Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt“. Dem Kreisverband Herne - er bildet mit Bochum den Awo-Bezirk Ruhr-Mitte - gehören heute knapp 800 Mitglieder an.
Die Feier
Seit sechs Monaten liefen die Vorbereitungen für das große Familienfest in Herne-Mitte, berichtet Hernes Awo-Chef Thorsten Kuligga (38). Etwa 100 Haupt- und Ehrenamtliche des Awo-Bezirks Ruhr-Mitte seien aktiv beteiligt, ergänzt Awo-Sprecher Christopher Becker. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In Zelten gibt es unterschiedliche Aktionen und Informationsangebote vor allem, aber nicht nur für junge Besucher - vom Zeichnen für ein gigantisches Wimmelbildes über die spielerische Vermittlung von Bergbau-Werten und naturwissenschaftliche Experimente bis hin zum Malen von Henna-„Tattoos“ auf die Haut. Die drei Seniorenzentren und Ehrenamtler zeichnen fürs kulinarische Angebot verantwortlich. Und auf der Bühne steigt ein buntes Programm mit Musik unter anderem von Seven Cent und den Terrortucken sowie Talkrunden über die Awo-Arbeit und das eigentliche Veranstaltungsmotto „Migrationsgesellschaft“.
Das Wetter
Bis zum frühen Nachmittag flüchten Besucher ob des Regens in die Zelte oder unters Dach des XXL-Getränkestandes. „Das ist schon etwas ärgerlich,“, sagt Awo-Vorsitzender Kuligga mit Blick auf den Himmel. Um 14.45 Uhr bricht dann aber doch noch die Sonne durch die Wolken. Um 15.15 Uhr intoniert die Band Gleis 8 auf der Bühne den dazu passenden Soundtrack: „I’m walking on sunshine. Wow!“ Und auch die bis dato verwaisten Holzbänke vor der Bühne füllen sich langsam.
Das zweite Geburtstagskind
Nicht nur die Awo feiert Geburtstag, sondern auch Serdar Yüksel. Der ehrenamtliche Awo-Chef im Bezirk Ruhr-Mitte und SPD-Landtagsabgeordnete wird am Samstag 46 Jahre jung. Der Awo-Chor „Singen ohne Grenzen“ bringt ihm ein Ständchen. Yüksel betont gegenüber der WAZ die wichtige Rolle von Awo & Co.: „Es sind die Wohlfahrtsverbände, die durch ihre Arbeit die Gesellschaft zusammenhalten“, sagt Yüksel. Und: „Ich bin sehr stolz auf die Awo und ihre Mitarbeiter.“ Ohne die zahlreichen Ehrenamtler wäre die Arbeit aber gar nicht zu schaffen, so der Wattenscheider.
Die Mitgliederzahlen
Die Mitgliederzahlen stiegen seit einigen Jahren in Ruhr-Mitte wieder an, sagt Serdar Yüksel. Probleme gebe es trotzdem, weiß Hernes Awo-Vorsitzender Thorsten Kuligga. Sie hätten damit zu kämpfen, dass die Mitgliedschaft im Schnitt immer älter werde und immer weniger Menschen bereit seien, sich aktiv einzubringen. Dem wollten sie entgegenwirken - unter anderem auch durch verstärkte Mitgliederwerbung in der Herner SPD.
Die Botschaften
Auch politisch wird es bei der Geburtstagsparty. So stellt Kemal Bozay auf der Bühne sein Buch „Die haben gedacht, wir waren das: MigrantInnen über rechten Terror und Rassismus“ vor. Im Zelt des Awo-Fachbereichs Integration und Migration sagt Mitarbeiterin Khadija Delbaz: „Wir wollen den Bürgern vermitteln, was die Mitte der Demokratie ist und wie wichtig sie ist. Der Rechtspopulismus darf nicht weiter wachsen.“ Die Arbeiterwohlfahrt habe sich immer als politisch aktive Organisation verstanden, berichtet Heinz Drenseck (79). Der früher Stadtkämmerer ist der Awo praktisch seit Geburt verbunden - gründete seine Mutter Else Drenseck doch einst den Herner Kreisverband. Es gehe bei der Awo nicht nur um Barmherzigkeit, sagt Drenseck, sondern immer auch um Werte wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz.
>> INFO: Zwei weitere Feiern zum 100-Jährigen
Die Bochumer Awo-Jubiläumsparty steigt am Samstag, 29. Juni, auf dem Dr.-Ruer-Platz.
Vom 30. September bis 1. Oktober findet in der inoffiziellen Awo-Hauptstadt Dortmund die zentrale Geburtstagsfeier des Wohlfahrtsverbandes statt. Das Motto lautet „100 Jahre Gerechtigkeit“.
Die Awo-Mitarbeiterinnen der Kitas und der offenen Ganztagsschulen aus Herne und Bochum spielen dabei eine wichtige Rolle: „Sie organisieren in Dortmund das Kinderprogramm“, so Awo-Sprecher Christopher Becker.