herne. . Premiere in der Stadtbibliothek: Erstmals hatte die städtische Einrichtung Schüler zu langen Lernnächten eingeladen. So kam das Angebot an.
Bücher, Hefte, Stifte und Taschenrechner liegen auf den Tischen verteilt. In Grüppchen sitzen die Schüler zusammen, beratschlagen und büffeln – und das an einem Freitagabend. Die Stadtbibliothek Herne hat Donnerstag und Freitag erstmals zu den langen Lernnächten zur Abiturvorbereitung aufgerufen und zahlreiche Schüler sind dieser Einladung gefolgt.
„Andere Bibliotheken haben das bereits im letzten Jahr angeboten“, erklärt Dorothé Schlautmann, stellvertretende Leiterin der Stadtbibliothek. So habe es die Lernnächte bereits in Aachen, Hagen und Münster gegeben. Die Erfahrungen dort seien sehr positiv gewesen. Deshalb hat das Herner Team beschlossen, in diesem Jahr die Lernnächte zu organisieren.
Obst und Entspannungsübungen
Dazu sind einige Tische aufgestellt worden, an denen die Schüler zusammensitzen können; außerdem ist das Lernteam Herne zur Unterstützung geholt worden. Für einen gesunden Snack zwischendurch ist mit Äpfeln und Bananen gesorgt. Ein bisschen Rahmenprogramm gibt es auch. Am Donnerstag machte Marcel Grundmann aktive Pausen mit den Schülern – in dieser Zeit zeigte er ihnen Übungen zur Entspannung.
Am Freitagabend steht Physiotherapeutin Daniela Rawe für mobile Massagen parat. Das Team der Stadtbibliothek habe sie im Rahmen der Frauenwoche angesprochen und sie fand die Idee gut. „Gerade der Schulter- und Nackenbereich wird bei vielen sehr verspannt sein“, weiß die Physiotherapeutin. In zehnminütigen Einheiten will sie die Schüler von den ärgsten Verspannungen befreien und so für ein entspanntes Lernen sorgen.
Das Lernteam Herne steht vor allem für Fragen bereit: „Das Hauptfach, zu dem es die meisten Fragen gibt, ist Mathe“, sagt Sonja Gruel. Sie hat jedoch den Eindruck, dass die Lerngruppen, die sich in der Bibliothek eingefunden haben, schon sehr gut organisiert sind. „Die sind gut strukturiert und haben Pläne, was sie lernen wollen und helfen sich gegenseitig.“ Fürs nächste Jahr sei zu überlegen, ob man zusätzlich noch einen kleinen Lern-Input anbietet. „Es sollte allerdings nicht zu viel Programm sein, schließlich sollen die Schüler in Ruhe lernen können.“
Stochastik bereit vielen Schülern Kopfschmerzen
Und das tun sie auch weitestgehend. An zwei Tischen sitzen ausschließlich Schüler vom Haranni-Gymnasium. Sie haben sich bereits vorher ab und an in Lerngruppen getroffen und büffeln hauptsächlich Mathematik. Stochastik bereite fast an allen Kopfschmerzen, heißt es.
An einem anderen Tisch hat sich eine Truppe aus verschiedenen Schulen zusammengefunden. „Wir helfen uns einfach gegenseitig“, sagt Bettina Gibner von der Erich-Fried-Gesamtschule. Es sei aber auch gut zu wissen, dass immer jemand da sei, den man bei Problemen Fragen könne. Auch lasse man sich in der ruhigen Atmosphäre der Bibliothek nicht so leicht vom Lernen ablenken wie Zuhause. „Ich würde mir wünschen, dass es mehr solcher Angebote gibt“, so Gibner.
Stadtbibliothek soll zum Lernzentrum werden
Das langfristige Ziel der Stadtbibliothek: „Wir möchten uns zu einem Lernzentrum entwickeln“, sagt Dorothé Schlautmann. Schulen seien wichtige Partner der Bibliothek und Schüler eine wichtige Zielgruppe. „Da Herne keine Universitätsstadt ist, haben wir auch keine Unibibliothek – vielleicht können wir diese Nische einnehmen.“ Dazu müsse allerdings der Bestand noch angepasst werden.
Fest stehe jedoch, dass die Langen Lernnächte 2020 erneut stattfinden werden. „Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz“, so Schlautmann. An beiden Tagen waren zwischen 15 und 22 Schüler da. „Zwar nicht so viel, wie erwartet, aber so ein Angebot muss sich ja auch erstmal rumsprechen.“
Das sagen Teilnehmer der Lernnächte
Justin Janetzki, 18, Abifächer am Haranni-Gymnasium Mathe, Chemie, Geschichte und Englisch: „Ich schreibe nächste Woche meine Abiklausuren. Im Moment lerne ich Mathe, lineare Algebra. Stochastik kommt noch. In den anderen Fächern bin ich schon ganz gut aufgestellt. Für Englisch lerne ich nicht, mein Onkel kommt aus England, da fällt mir Vieles leichter. Von dem Angebot hier habe ich von Freunden erfahren. Ich finde es gut. Nach dem Abi möchte ich Chemie studieren, vielleicht in Münster oder Bochum.“
Moritz Ritterswürden, 18, Abifächer am Haranni-Gymnasium Deutsch, Chemie, Mathe und Sowi: „Ich lerne auch Mathe. Stochastik ist ein bisschen doof. Mit dem Rest komme ich gut klar. Die restliche LK-Vorbereitung habe ich alleine gemacht. In Deutsch bekommen wir drei Themen zur Auswahl, deshalb habe ich mich auf expressionistische Lyrik vorbereitet. Hergekommen bin ich für die Lerngruppe. Ich finde es sinnvoll, so etwas vor den Prüfungen hier anzubieten. Nach dem Abi möchte ich Jura studieren, wo weiß ich noch nicht genau.“
Bettina Gibner, 19, Abifächer an der Erich-Fried-Gesamtschule Deutsch, Englisch, Mathe und Geschichte „Ich lerne Mathe, Stochastik ist schon kompliziert. Wir haben unsere eigenen Bücher mitgebracht, es gibt spezielle Abiturtrainer. Ich habe die Flyer in der Schule gesehen und sofort gesagt, da gehe ich hin. Ich finde das Angebot richtig gut, vor allem die Massage. Die Atmosphäre hier ist sehr entspannt und man ist nicht so aufgeschmissen, als wenn man alleine lernt. Ich habe schon eine Stelle für den dualen Studiengang Bachelor of Laws in Düsseldorf.“