Herne. . In Herne stieg die Überschuldungsquote in den vergangenen 15 Jahren deutschlandweit am stärksten an. Das sind die häufigsten Gründe.

Mit erschreckenden Zahlen wartet die Schuldnerberatung in ihrer Jahresbilanz auf: „Herne steht deutschlandweit an erster Stelle beim Anstieg der Verschuldungsquote von 2004 bis 2018“, berichtete die Leitung der Einrichtung an der Overwegstraße, Andrea Leyk, bei der Vorstellung der Zahlen am Mittwoch. 1600 Beratungen hat die Stelle im vergangenen Jahr durchgeführt, 676 Fälle betreut. In Herne sei keine Besserung in Sicht, sagt die Schulden-Expertin.

Hauptproblem ist die Armut

Liegt die Überschuldungsquote in Deutschland bei 10,04 Prozent, weist Herne eine Quote von sage und schreibe 18,06 Prozent auf. Damit hat fast ein Fünftel der Bewohner extrem hohe Schulden. Die Hauptursachen für Überschuldung, von den Beratern die „Big Five“ genannt, liegen an Arbeitslosigkeit, Krankheit, Sucht und Unfällen, Trennung und Scheidung. „Bei Trennungen haben wir das Problem, dass sich vorher mit zwei geringen Einkommen ein Haushalt noch knapp führen ließ, aber bei zwei getrennten Wohnungen die Kosten aus dem Ruder laufen“, erklärte Rechtsanwalt Christoph Hytroski, der elf Stunden pro Woche Beratungen anbietet.

Grund und Basis allen Übels ist laut Bericht die hohe Armutsquote in Herne, die private Überschuldung verursachen könne. Aber auch gescheiterte Selbstständigkeit könne ein Auslöser sein. Eher bei jungen Menschen sei der Umgang mit Geld an sich das Problem, das individuelle Konsumverhalten speziell im Bereich Kommunikations und Unterhaltungselektronik fällt hier schwer ins Gewicht.

Spontankäufe und Finanzierungen

Bernadette Blum, Mitarbeiterin der Schuldnerberatung, geht deshalb präventiv regelmäßig in Schulen und erklärt jungen Menschen, was die Fallen sein können, sich zu überschulden. Das können Spontankäufe sein, aber auch Finanzierungen von Konsumgütern und die falsche Nutzung von Kreditkarten.

Die Gesamtverschuldung der Herner Klienten betrug 2018 fast 18,5 Millionen Euro, das entspricht einer Durschnittverschuldung von über 30.000 Euro. Die Hauptaltersgruppe lag hier bei den 30- bis 50-Jährigen. „Also genau den Menschen, die besonders stark von Trennung und Scheidung betroffen ist“, erläuterte Christoph Hytroski.