Herne. . Der Heimatkundler Gerd Körner hat eine Gruppe mit auf eine Führung entlang des Kanals in Herne mitgenommen. Er erzählte Spannendes.

Wenn Wohnhäuser im Landschaftsschutzgebiet stehen, dann fragt man sich, ob hier auch alles mit rechten Dingen zugeht. „Diese Gebäude sind historische Zeugnisse, boten sie doch einst dem Schleusenwärter ein zu Hause“, erklärte Gerd Körner der Besuchergruppe. Rund zwei Dutzend Heimatinteressierte hatten sich mit dem gebürtigen Baukauer auf dem Weg gemacht, um sich spannende und geschichtsträchtige Stätten rund um den Rhein-Herne-Kanal an der Stadtgrenze von Herne und Recklinghausen anzusehen.

Nun gibt es hier keine Schleusenwärter mehr, aber nicht, weil der Beruf abgeschafft wurde, sondern weil die Schleuse schon vor gut 30 Jahren zurückgebaut wurde, berichtete der 73-Jährige. Denn als der Kanal 1914 entstand, hatten die Ingenieure ein wichtiges Detail offensichtlich nicht ganz richtig eingeschätzt: Herne liegt – geologisch betrachtet – auf einer Bruchkante. Die Planer hatten wohl gemeint, wenn das Gewässer direkt darüber angelegt wird, bekommt es mögliche Bergsenkungen nicht zu spüren. Doch genau das Gegenteil war der Fall, „die eine Seite des Kanals kippte regelrecht weg“.

Rhein-Herne-Kanal wurde tiefer gelegt

Die Besucher hatten die Möglichkeit, sich den Werkshafen an der ehemaligen Schleuse Herne-West anzuschauen.
Die Besucher hatten die Möglichkeit, sich den Werkshafen an der ehemaligen Schleuse Herne-West anzuschauen. © Rainer Raffalski

Daraufhin wurde der ganze Kanal vier Meter tiefer gelegt und die Schleuse, die vorher schon mehrfach gerichtet wurde, hatte ihre längste Zeit hinter sich. Überreste sind bis heute erhalten – und boten auch den Teilnehmern Anlass, über 100 Jahre alte Techniken zu diskutieren. Die Schleppkähne, auf denen vor allem die Kohle aus den Bergwerken transportiert wurde, hatten selbst überhaupt keinen Antrieb, sie wurden von Motorschiffen gezogen.

Solche Berichte kannten viele Gäste, entstammen sie doch Familien, deren Geschichte eng mit der Kanalschifffahrt verknüpft ist. Reinhard Paluch (73) erzählte, dass sein Vater als Schiffsführer gearbeitet hat, für Verwandte und Vorfahren von Heinz Schmidt (63) war das Berufsleben eng mit der Entwicklung des Kanals verwoben.

Kanal muss immer eine Tiefe von vier Metern haben

Er selbst hatte vor seiner Pensionierung die Position des Verwaltungsleiters beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (Hauptsitz Duisburg-Meiderich) inne. Sein Schreibtisch stand in Datteln, eine von fünf Nebenstellen der Behörde. Mit der Leiterin einer weiteren Filiale konnte sich die Gruppe bei dem Rundgang austauschen.

Denn Martina Karaszkiewicz lenkt die Geschicke der Herner Dependance. „Der Kanal muss für eine reibungslose Schifffahrt immer eine Tiefe von vier Metern haben“, erläuterte sie. Ein natürlicher Feind seien Algen, die sich schnell und in Mengen bilden könnten.

Kanalbrücke zu Kriegsende gesprengt

Die in einem kleinen Hafen nahe der Dienststelle vor Anker liegende „Westfalen“ hat Messinstrumente an Bord und kontrolliert auf ihren Touren, ob für die Schiffe auch wirklich freie Fahrt angesagt ist. Die Algenbildung als solche sei ein Beleg, so die Leiterin, dass das Wasser klar und sauber ist, sonst würden die für das Wachstum erforderlichen Sonnenstrahlen gar nicht so weit reichen.

Neues Format für Besichtigungen

Der Rundgang gehört zu einem neuen Format, mit dem die Stadt Herne unter dem Titel „Ortstermin“ die Bürger einlädt, sich mit wichtigen Stätten der Vergangenheit zu befassen.

Die Gäste erhalten bei den Touren vielfältiges Informationsmaterial. Der nächste Termin ist für den 22. Mai, 16 Uhr, vorgesehen, bei dem die Geschichte des Südfriedhofs im Mittelpunkt steht.

Apropos Sauberkeit: Einige Wanderer meinten, oftmals würden junge Leute doch reichlich Unrat auf den Wegen am Kanal hinterlassen. Martina Karaszkiewicz meinte, das Zurücklassen von Müll sei nicht Generation abhängig. Die Behörde ist unter anderem auch dafür zuständig, Sträucher und Büsche entlang des Kanals zu pflegen.

Die Wege entlang der Wasserstraße seien für die Stadt eine wirkliche Bereicherung, waren sich die Spaziergänger einig. Zudem könne man auch froh sein, dass Kleingartenvereine im Bereich Hoverskamp mit ihren Anlagen eine grüne Oase im Stadtgebiet geschaffen hätten.

Briten bauten die Brücke wieder auf

An der Kanalbrücke der Bahnhofstraße erinnerte Körner, dass die Nazis am Ende des Krieges das Bauwerk vor der den herannahenden Alliierten zerstörten. Die Briten bauten die Brücke später wieder auf.

Welche Bedeutung der Kanal schon in den ersten Jahrzehnten hatte, zeigte sich laut Körner an der Stadt Recklinghausen. Um sich einen Zugang zur Wasserstraße zu verschaffen, kaufte sie eine Fläche an der Wasserstraße. Dort hat heute eine Firma ihren Platz, auf die Backstuben landauf, landab angewiesen seien. Aus dem per Schiff angelieferten Weizen stelle das Unternehmen Mehl her - 1000 Tonnen pro Tag.