Herne. . Stefan Melchers ist Schornsteinfeger für den Bezirk Wanne-Eickel. Er ist sich sicher: Sein Handwerk rettet Leben, seine Anwesenheit bringt Glück.
Stefan Melchers erlebt intensive Tage. Nicht nur, weil der Beruf des Bezirksschornsteinfegers ein aufreibender ist, auch der Welttag des Glücks beschert ihm in dieser Woche einige Sonderschichten. „Ich bin daran gewöhnt, dass die Leute mich berühren wollen. Schließlich begleitet mich das schon seit 1994“, sagt der 41-Jährige. Die meisten, auch wildfremde Menschen, wollten seinen rußigen Anzug anfassen, andere drehten sogar an den goldenen Knöpfen. Von Frauen gebe es gelegentlich Küsschen auf die Wange.
„Da ist das Spucken über meine Schulter deutlich unangenehmer“, sagt er. Das sei bei seiner Körpergröße von 1,95 Metern aber auch eine große Herausforderung.
Damals gab es noch Schornsteine aus Eichenholz
Seit 2011 reinigt Melchers in Wanne-Eickel hauptberuflich Abgasanlagen, Feuerstätten und Heizungen. Nebenberuflich geht er auf Glücksmission. Der Aberglaube hat seinen Ursprung im Mittelalter, als Häuser leichter Flammen fingen als heute. Damals hatten die Menschen noch Schornsteine aus Eichenholz. Wenn sich dort zu viel Ruß sammelte, konnten diese leicht entzünden und damit ganze Städte in Brand stecken. Der Schornsteinfeger schützte durch seine Arbeit die heimischen vier Wände und brachte somit Glück. „Für mich ist es bewiesen, dass wir Schornsteinfeger Glück unter die Leute bringen“, sagt der Meister. „Das sieht man an mir: Ich arbeite in meinem Traumberuf und habe eine tolle Familie“, fügt er an. Das Einzige, was er für seine Mission als Glücksbringer brauche, sei seine schwarze Kluft und der typische Zylinder auf dem Kopf.
Den Handwerksberuf sehe er als eine Berufung: „Ich bin während der Arbeit sehr frei und unabhängig. Außerdem habe ich viel mit Technik und Menschen zu tun. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen“, sagt der verheiratete Familienvater.
Berufs ist nicht ganz ungefährlich
Sein Beruf gehe allerdings einher mit großer Verantwortung. Besonders häufig stehe das Gas Kohlenstoffmonoxid in seinem Fokus, das bei Defekten von Kaminen, Gasherden oder Heizungen in die Wohnräume gelange und als „unsichtbares Gift“ innerhalb von kurzer Zeit den Tod der Hausbewohner herbeiführen kann. „Mein Beruf ist nicht ganz ungefährlich. Ich schütze die Menschen vor solchen Gefahren und stehe für ihre Sicherheit ein. Auch das ist eine Form des Glückbringens“, sagt Melchers.
Eine, die nur seine Zunft bringen könne. „Manchmal lässt unser Einfluss aber auch eine Klassenarbeit gelingen, mal beschert er Gesundheit“, sagt Melchers, der in Lünen wohnt und an der Berufsschule in Hagen unterrichtet. „Früher glaubte jeder an meine Fähigkeiten als Glücksbringer, ältere Leute wechseln teilweise heute noch extra die Straßenseite, wenn sie mich sehen. Die junge Generation weiß aber seltener über den Brauch Bescheid.“ Wohl auch deshalb gibt es immer weniger junge Menschen, die den Beruf des Schornsteinfegers erlernen wollen, „Es fehlt Nachwuchs“, sagt Melchers.
Damit sich das ändert, besucht er gemeinsam mit seinen Kindern Lutz (9 Jahre) und Leni (7 Jahre) Hochzeiten. „Das ist ein tolles Bild, wenn die Kleinen in ihrem Schornsteinfegeranzug auftauchen. Sie sind die Glücksbringer der Zukunft und segnen die angehenden Eheleute“, sagt er.