Herne. . Bis 2022 sollen alle Haltestellen auch in Herne barrierefrei umgebaut sein. Warum Herne diese gesetzliche Vorgabe nicht einhalten wird.

In Herne sind mittlerweile 260 der 500 Haltestellen barrierefrei umgestaltet worden. Das sagt Stadtsprecher Horst Martens auf Anfrage der WAZ. In diesem Jahr wolle die Stadt ein Dutzend weitere Haltestellen anpacken. „Ziel ist, den Ausbau sukzessive fortzuführen“, so Martens.

Stadtsprecher Horst Martens
Stadtsprecher Horst Martens © Rainer Raffalski

Dabei drängt die Zeit. Bis zum Jahr 2022, so will es eine Überarbeitung des so genannten Personenbeförderungsgesetzes, müssen sämtliche Bus- und Straßenbahn-Haltestellen in den Kommunen vollständig barrierefrei sein. Die Stadt setzt laut Sprecher zwar auf „eine fortlaufende bauliche Umgestaltung“, dabei sei sie aber abhängig von Personalkapazitäten bei Planung und Bau der Haltestellen sowie finanziellen Mitteln durch Rat und Land. Und die reichen offenbar nicht aus. „Realistisch betrachtet wird das Zieljahr 2022 nicht erreicht werden können“, bekennt Martens. Nach seinen Worten zeichnet sich für die komplette Umsetzung „eher eine mittelfristige Perspektive“ ab.

Stadt: Wichtiger Aspekt der Daseinsvorsorge

Der barrierefreie Ausbau sei wichtig, weil dadurch Mobilität für alle Menschen ermöglicht werde: „Die Teilhabe am öffentlichen Leben ist ein wichtiger Aspekt der Daseinsvorsorge“, sagt der Stadtsprecher. Der barrierefreie ÖPNV habe dabei einen hohen Stellenwert. Die Reihenfolge der Arbeiten sei dabei nicht willkürlich. Haltestellen etwa in der Nähe von Kliniken, Pflegeheimen oder Schulen kämen zuerst an die Reihe, ebenso jene mit vielen Bewohnern im Umkreis. „Die Prioritätenliste wird dabei stets weiter überprüft und bei sich ändernden Gegebenheiten angepasst“, so Martens.

CDU-Fraktionschefin Bettina Szelag
CDU-Fraktionschefin Bettina Szelag © Svenja Hanusch

Das ist für CDU-Fraktionschefin Bettina Szelag wichtig. Sie ist auch Vorsitzende des Behindertenbeirats und nennt die Verzögerungen bedauerlich: „Schneller wäre besser.“ Aber: Durch die Priorisierung sei es möglich, die wichtigsten Standorte im geforderten Zeitfenster anzupacken. Bürger, die einen dringenden Bedarf an einer barrierefreien Haltestelle hätten, könnten sich durchaus melden: Die Verwaltung, so Szelag, nehme durchaus Rücksicht auf Anregungen des Beirats.

Umbauarbeiten haben Vorteile auch für Busfahrer

Insgesamt falle für die komplette Umgestaltung über die Jahre eine Summe im einstelligen Millionenbereich an. Dafür würden unter anderem ein möglichst höhengleicher Ein- und Ausstieg in Niederflurbusse und taktile Bodenindikatoren für Menschen mit Sehbehinderung geschaffen.

HCR-Sprecher Dirk Rogalla
HCR-Sprecher Dirk Rogalla © OH

Auch für Busfahrer habe der Ausbau Vorteile, sagt HCR-Sprecher Dirk Rogalla. Oftmals könnten Busse nun schneller wieder in den Verkehr einfädeln, auch dadurch, dass Rampen nicht mehr so tief abgesenkt werden müssten. In einem Rutsch zum barrierefreien Ausbau werden auch Fahrgastunterstände gebaut – damit niemand mehr im Regen stehen muss. Die Kosten hierfür tragen Nahverkehrsbetriebe oder aber Werbepartner der Stadt. Letztere verpflichten sich, die Wartehäuschen in Schuss zu halten, dürfen dafür aber Werbung aufhängen.

Die HCR, die den größten Teil der Wartehäuschen finanziert, verzichtet nach den Worten von Sprecher Dirk Rogalla auf Werbung. Das Nahverkehrsunternehmen engagiere sich an dieser Stelle, „um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen“ – sprich: um den Nahverkehr attraktiver zu machen. Nicht gebaut würden Unterstände nur an jenen Haltestellen, die vornehmlich oder ausschließlich dem Ausstieg dienen oder wo es baulich nicht möglich ist, sagt der Stadtsprecher.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Umbauten 2019

Folgende Haltestellen sollen nach Angaben der Stadt in diesem Jahr umgestaltet werden:
- Dorstener Straße (Bielefelder Straße in Fahrtrichtung Herne Bahnhof und Bochum)
- Dürerstraße (Kurhausstraße Richtung Röhlinghausen und Wanne-Eickel Hbf)
- Eickler Bruch (Edmund-Weber-Straße Richtung Schloßstraße und Auf der Wenge)
- Flottmann-Hallen (Flottmannstraße Richtung Südpool)
- Friedhof Wiescherstraße (Wiescherstraße Richtung Herne Bf)
- Kulturzentrum (Holsterhauserstraße Richtung Wanne-Eickel)
- Ostbachtal (Mont- Cenis- Straße Richtung Castrop-Rauxel und Herne Bahnhof)
- Röhlinghausen Kirche (Hofstraße in Richtung Gelsenkirchen Hbf und Hannibal EKZ)
- Schillerstraße (Mont-Cenis-Straße Richtung Herne Bahnhof)
- St. Anna Hospital (Hauptstraße Richtung Im Dannekamp und Hbf)
- Rheumazentrum (Rathausstraße beide Richtungen)
- Dorneburger Straße (Holsterhauser Straße beide Richtungen
Die Kosten betragen laut Stadt rund 400.000 Euro; etwa 45.000 Euro müsse die Stadt tragen.