Herne. . Schmetterlinge flattern über die Holzvertäfelung, im Kaminzimmer wartet ein Kicker: Zehn Kinder bringen Leben in eine alte Herner Villa.
Lange hat die Villa in Baukau leer gestanden. Seit März 2017 gibt sie nun zehn Kindern ein zweites Zuhause: Die Interkulturelle Kinder- und Jugendhilfe Plan B hat dort im Auftrag des Herner Jugendamtes eine Regelwohngruppe für Kinder zwischen acht und 13 Jahren eingerichtet.
Wer das repräsentative Entree der Villa betritt, sieht erst auf den zweiten Blick, dass da Kinder die Macht übernommen haben: Ein Stickerschwarm bunter Schmetterlinge flattert über die gediegen-dunkle Holzverkleidung der Wände. Der alte Marmorkamin im Parterre, das mit grün-lasierten Jugendstilkacheln geflieste Bad, die Bleiglasfenster und das mit Schnitzereien verzierte Holzgelände im geräumigen Treppenhaus zeugen noch vom Glanz vergangener Tage. Die Villa hat so gar nichts an sich, was man vielleicht mit dem Begriff Wohngruppe verbindet.
Kinder mögen die Villa
Gülseren Celebi schmunzelt. „Wir möchten ja, dass unsere Kinder es schön haben“, sagt die Geschäftsführerin des Vereins Plan B, der in Herne auch zwei Kindertagesstätten betreibt. Die Kinder mögen die Villa. „Wenn sie Besuch von Mitschülern oder Freunden bekommen, sagen sie stolz: ,Und hier wohne ich“, erzählt Agnes Neumann, Leiterin der Wohngruppe. Im geräumigen Hochparterre befinden sich die Gemeinschaftsräume: die Küche mit dem großen Essplatz, das Wohnzimmer mit Erker, bequemen Sofas und Fernseher, das Kaminzimmer, das jetzt als Spielzimmer dient und unter anderem mit einem Kicker ausgestattet ist. In der ersten und zweiten Etage dann die Zimmer der Kinder: Jedes hat ein eigenes, Bäder werden gemeinsam benutzt. In der ersten Etage befindet sich auch das Büro und Zimmer für die Mitarbeiter – damit die Kinder immer schnell einen Ansprechpartner vor Ort haben.
Für Besuch ein kleines Appartement
Die zehn Plätze sind von Kindern überwiegend aus Herne belegt, die aus unterschiedlichen Gründen nicht bei ihren Eltern leben können. „Das sind nicht unbedingt Inobhutnahmen durch das Jugendamt“, so Gülseren Celebi, „Eltern sind manchmal einfach überfordert.“ Wenn Hilfen zu Hause nicht weiter führen, können die Kinder in Regelwohngruppen untergebracht werden; die Eltern bleiben weiter erziehungsberechtigt und werden auch in alles, was für die Kinder wichtig ist, eingebunden, wie zum Beispiel schulische Angelegenheiten. Für den Besuch der Eltern steht in der Villa ein eigenes, wie ein Appartement eingerichtetes Zimmer zur Verfügung, in dem auch bei Bedarf übernachtet werden kann.
Wie in einer Großfamilie
In der Villa leben die Kinder wie in einer Großfamilie: Morgens wird mit den Mitarbeitern gefrühstückt, dann geht’s in die Schule, nach dem Mittagessen können sie sich ausruhen, spielen, Freunde besuchen. Und die Hausaufgaben müssen natürlich auch noch gemacht werden. Die Wohngruppe sei darauf ausgerichtet, dass die Kinder auf Dauer bleiben, sich dort einen Lebensmittelpunkt aufbauen können, sagt Agnes Neumann. Es sei denn, die Kinder können in ihre Familien zurückkehren, was bis jetzt zweimal vorgekommen sei. Auch wenn das Aufnahmealter für die Kinder auf acht bis 13 Jahre begrenzt ist, müsse niemand ausziehen, der älter ist, sagt Gülseren Celebi. „Das entscheiden die Kinder dann selbst.“
>> PLAN B SUCHT EHRENAMTLICHE HELFER
Sieben pädagogische Mitarbeiter, eine Hauswirtschafts- und eine Reinigungskraft kümmern sich um die Kinder.
Die Wohngruppe ist rund um die Uhr mit Mitarbeitern besetzt, die dort auch übernachten.
Um den Kindern ein möglichst breites Spektrum an Unterstützung und Freizeitangeboten bieten zu können, sucht Plan B ehrenamtliche Helfer, die mit den Kindern zum Beispiel basteln, lesen, Musik machen oder ihnen bei den Hausaufgaben helfen.
Wer dort ehrenamtlich mitarbeiten möchte, muss ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen können.
Interessierte können sich unter 0174 311 44 74 melden und ein Erstgespräch mit Agnes Neumann vereinbaren.