herne. . Wer die Musik bestellt, muss sie bezahlen! Das fordert die Stadt und rechnet vor, was Herne die von Bund und Land bestellte Musik kostet.
„Konnexitätsprinzip“ ist ein Fachbegriff aus der Rechtswissenschaft, der sich durch ein geläufiges Sprichwort sehr gut auf den Punkt bringen lässt: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen. Weil Bund und Land für die Kosten der in Herne und in anderen Kommunen bestellten Musik aber häufig nicht aufkommen wollen, hat die Stadt im Auftrag der Politik mal eine Rechnung über „Konnexitätsverstöße“, sprich: über die nicht bezahlte Musik im Jahr 2018 aufgemacht. Diese hat es in sich.
Durch Erfüllung von 133 Aufgaben, die Bund und Land sowie die EU auf die Kommunen übertragen haben, seien Herne 2018 zusätzliche Aufwendungen in Höhe von mindestens 29,8 Millionen Euro entstanden, so die Rechnung der Verwaltung. Dabei hätten gar nicht mal alle Aufwendungen beziffert werden können.
Gesundheitsberatung von Prostituierten
Die Kosten setzten sich zusammen aus nicht refinanzierten Transferaufwendungen, Bauvorhaben und städtischen Personalaufwendungen. Die von der Stadt aufgelisteten Aufgaben reichen vom Pflegewohngeld (5,7 Millionen Euro) über Brandschutzsanierungen in Schulen (360.000 Euro), die Einführung von Datenschutzbeauftragten (92.322 Euro) und die Überwachung von Abwasseranlagen (27.400 Euro) bis hin zur Gesundheitsberatung für Prostituierte (3000 Euro).
Da nicht zu erwarten ist, dass Bund und Land die bestellte Musik nun plötzlich bezahlen, stellt sich die Frage: Was macht Herne mit der auf Initiative von SPD und CDU erstellten Rechnung? „Wir wollten zunächst mal wissen: Über welchen Betrag reden wir eigentlich“, sagt SPD-Fraktions-Chef Udo Sobieski. Die ermittelte Summe („die noch viel höher liegen dürfte“) solle künftig als Grundlage und Argumentationshilfe dienen - bei politischen Diskussionen, aber auch bei Haushaltsberatungen mit der Bezirksregierung.
CDU lobt die Fleißarbeit der Verwaltung
Die CDU-Fraktionsvorsitzende Bettina Szelag lobt wie Sobieski die Fleißarbeit der Verwaltung: Die finanzielle Ausstattung der Kommunen dürfe nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgen, sondern sie müsse auskömmlich sein, fordert die Christdemokratin. Auch die unterschiedlichen Voraussetzungen müssten berücksichtigt werden: „Es ist doch klar, dass Düsseldorf ganz anders haushalten kann als Herne“, sagt Szelag.
Bei Stadtkämmerer Hans Werner Klee hat der Rat mit seinem Auftrag zur Erstellung einer Liste mit „Konnexitätsverstößen“ durch Bund und Land offene Türen eingerannt. „Ich habe dieses Thema überörtlich bereits mehrfach angesprochen“, sagt Klee.
Kämmerer: Kosten sind eigentlich noch höher
Die Kosten im Jahr 2018 seien eigentlich noch deutlich höher als die von der Stadt ermittelten 30 Millionen Euro. Die Berechnung sei aber nicht ganz einfach.
Ziel müsse es sein, ein standardisiertes Verfahren zu entwickeln, das eine auskömmliche Finanzierung der zusätzlich auf Kommunen übertragenen Aufgaben sicherstelle. Die aktuelle Haushaltslage und die Altschuldenproblematik sei in nicht unerheblichem Maße darauf zurückzuführen, dass dies bisher nicht geschehen sei. Auch die Sozialkosten müssten in die Betrachtung einbezogen werden: „Gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen gesamtgesellschaftlich finanziert werden“, so Klee.