Herne. . „Ein toller Beruf“: Egon Steinkamp, Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums, geht in den Ruhestand. Der 66-Jährige zieht Bilanz und blickt nach vorne.

Was mache ich am ersten Tag meines Ruhestandes? Für Egon Steinkamp hat sich diese Frage am vergangenen Freitag erst gar nicht gestellt: Am Tag nach seiner feierlichen Verabschiedung als Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) fuhr der frischgebackene Pensionär in „seine“ Schule.

Kehraus: Auch nach der offiziellen Verabschiedung zog es Egon Steinkamp in sein Büro am Otto-Hahn-Gymnasium.
Kehraus: Auch nach der offiziellen Verabschiedung zog es Egon Steinkamp in sein Büro am Otto-Hahn-Gymnasium. © Joachim Hänisch

Und auch in dieser Woche kehrte der 66-Jährige für den Kehraus und eine ordnungsgemäße Übergabe noch mehrere Male in das Gymnasium am Hölkeskampring zurück, das er 1998 zum ersten Mal betreten hatte.

„Die Entscheidung fürs Otto-Hahn-Gymnasium war ein Glücksfall“, sagt er heute im Rückblick. Mehr als ein Lippenbekenntnis, denn: Steinkamp hätte schon am 1. Februar 2018 den Ruhestand antreten können, blieb aber noch ein Jahr länger.

Vorgezeichnet war dieser Weg nicht. Die Frage „Ist der Lehrerberuf etwas für dich?“ habe er erst nach dem Studium – Deutsch, Sport, Geschichte, Pädagogik – und ersten Unterrichtsstunden endgültig mit Ja beantwortet, erzählt Steinkamp. „Es ist ein toller Beruf!“ Waltrop, Wattenscheid und Recklinghausen lauteten Stationen des Bochumers, bevor er sich ‘98 am OHG als stellvertretender Schulleiter bewarb. Vor der offiziellen Bewerbung sei er erst einmal durch Herne gelaufen, um zu prüfen, ob er „ein Gefühl für die Stadt bekommt“, erzählt er. Er bekam dieses Gefühl.

Neun Jahre später übernahm er die Leitung und krempelte die Schule mit seinem Team um. „Am Otto-Hahn-Gymnasium sollte drin sein, was drauf steht“, sagt er unter Bezug auf den Namensgeber der Schule, den berühmten deutschen Chemiker.

MINT-Profil und Digitalisierung

Die Schwerpunkte Sport und Musik wichen dem MINT-Profil: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik. Sehr wichtig sei ihm auch die Digitalisierung, die am OHG schon früh umgesetzt worden sei. Und auch darauf ist er stolz: In Kürze biete man das Fach Psychologie an.

Steinkamps Fazit: „Unsere Schule ist gut aufgestellt.“ Die Zahlen bestätigen dies. Bei den Anmeldungen lag das OHG zuletzt weit vorne. Und: Alle 80 Lehrerstellen (inklusive Referendare) seien derzeit besetzt, berichtet der 66-Jährige. Für seine Nachfolge lägen fünf Bewerbungen vor. Die Leiterstelle werde aber wohl erst nach den Osterferien besetzt.

Schüler bereiten ihm einen anrührenden Abschied

Was war die größte Veränderung in den vergangenen Jahrzehnten? „Auch wenn es sich komisch anhört: So große Veränderungen habe ich gar nicht wahrgenommen.“ Und was sieht er beim Blick in die Glaskugel? Die Digitalisierung werde Schule und Unterricht in Zukunft „fundamental verändern“, glaubt Steinkamp. Aber: „Lehrerpersönlichkeiten werden beim Lernen auch künftig einen hohen Stellenwert haben.“

Zurück zum Abschied vom OHG. Dieser sei „sehr anrührend“ ausgefallen, erzählt er. Die rund 950 Schüler überraschten ihn auf dem Schulhof mit bunten Luftballons. Im Foyer fand anschließend die offizielle Verabschiedung mit Offiziellen und Wegbegleitern statt.

Seine allerletzte Unterrichtsstunde gab er am OHG in der 7a im Fach Deutsch. Thema: „Tschick“, der bekannte Jugendroman von Wolfgang Herrndorf. Zum Schluss hätten Schüler Briefe vorgetragen: „Auch das war sehr emotional.“

Anfragen und Angebote

Was steht an? „Im Frühjahr werde ich erst einmal nach New York reisen.“ Und so ganz verabschiedet hat er sich offenbar noch nicht vom Lehrerberuf und der Bildung. Mehrere Angebote und Anfragen lägen ihm vor, berichtet er. Außerdem stehe ein Gespräch mit Hernes Bildungsdezernentin Gudrun Thierhoff an. Und wenn Egon Steinkamp sagt „ich werde mir das alles einmal anhören“, dann klingt das eher wie: Der Ruhestand kann noch warten.

>> ZUR PERSON: Ein Faible für US-Autoren

Egon Steinkamp ist gebürtiger Gelsenkirchener und aufgewachsen in Wattenscheid. Heute lebt er in Bochum-Oberdahlhausen.

Der 66-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder (33 und 36). Er liest gerne, vor allem amerikanische Autoren. Und er treibt gerne Sport: „Ich laufe jede Woche.“