Herne. . In einem Projekt wurden Modehändler im Ruhrgebiet befragt, wie viel öko-faire Mode sie anbieten. In Herne-Mitte ist das Angebot überschaubar.

Herauszufinden, unter welchen Bedingungen Kleidung hergestellt wurde, ist für den Verbraucher nicht immer einfach. Hier kommt das Projekt „Buy good Stuff“ – auf Deutsch etwa „kaufe gutes Zeug“ – ins Spiel. Der Einkaufsratgeber soll einen Überblick geben, wo man öko-faire Mode einkaufen kann. In Herne ist die Auswahl noch sehr begrenzt.

Das Projekt ist eine Kooperation des Netzwerks Faire Metropole Ruhr, der Akademie Mode und Design, Engagement Global und den Fair Trade Towns im Ruhrgebiet. Dazu wurde von Dezember bis Mitte Januar in Herne-Mitte eine Befragung der Modegeschäfte durchgeführt. „Unser Ziel ist es, dass Kleidung wieder nachhaltiger und langlebiger produziert wird“, betont Eine-Welt-Promoter Markus Heißler, einer der Verantwortlichen für das Projekt.

Der Trend in Deutschland weise leider in die entgegensetzte Richtung: „Fast Fashion“ lautet das Schlagwort. Deutschland habe einen der größten Pro-Kopf-Verbräuche an Kleidung. In Zahlen sind das 27 Kilogramm neue Kleidung, die jeder Bundesbürger pro Jahr kauft – im Schnitt 60 neue Kleidungstücke. Mittlerweile habe ein Umdenken in der Modeindustrie und bei den Konsumenten stattgefunden. Mit dem Projekt „Buy Good Stuff“ sollen zum einen Modehändler vor Ort über das Thema öko-sensible Kleidung sensibilisiert werden und zum anderen Konsumenten Informationen erhalten, wo sie nachhaltigere Mode kaufen können.

Keine Siegel wie „Fairtrade“

Dass Herne Nachholbedarf hat, zeige das Ergebnis der Befragung. „Von den neun in Herne-Mitte angeschriebenen großen Modeketten haben lediglich zwei geantwortet: H&M und Tchibo“, sagt Heißler. Der Anteil ökologischer beziehungsweise aus recycelten Materialien hergestellten Kleidungsstücke liege laut Tchibo zwischen 25 und 50 Prozent. H&M gebe einen Anteil von 35 Prozent an. Beide Unternehmen hätten Programme im sozialen Bereich, führten aber keine Siegel wie „Fairtrade“.

Von den sieben inhabergeführten Einzelhandelsgeschäften haben vier den Fragebogen ausgefüllt. Kia Ora (Viktor-Reuter-Straße 5) habe dabei mit einem Anteil von über 25 bis 50 Prozent an öko-fairen Kleidungsstücken die Spitzenposition in Herne, so das Ergebnis. Der Laden No. 5 (Viktor-Reuter-Straße 9) gibt seinen Anteil mit bis zu zehn Prozent an. Darüber hinaus gebe es in Herne zwei inhabergeführte Secondhandläden – WühlMaus (Sodinger Straße 8) und Der kleine Froschkönig (Hauptstraße 221) sowie sechs Angebote von Wohlfahrtsorganisationen.

Auswahl ist in größeren Städten besser

„Unsere Befragung zeigt, dass das Wissen in den Modegeschäften über die Herkunft und Herstellungsweise ihrer Produkte noch ausbaufähig ist“, sagt Markus Heißler. „Auch das Wissen über öko-faire Mode ist noch gering.“ Auch in anderen Ruhrgebietsstädten ist die Befragung durchgeführt worden.

Hier zeigte sich, dass vor allem in den größeren Städten wie Dortmund, Essen und Bochum ein größeres Angebot an öko-fairen Produkten herrscht. In der Bochumer Innenstadt finden sich beispielsweise zwei öko-faire Concept-Stores. Jedes vierte Modegeschäft bietet Produkte an, die in Europa beziehungsweise unter öko-fairen Bedingungen hergestellt wurde.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Buy Good Stuff

Das Projekt „Buy Good Stuff“ hat sich konkret mit den Folgen des derzeitigen Konsummodels auseinandergesetzt. Demnach werden 80 bis 90 Prozent unserer Kleidung in Billiglohnländern, überwiegend in Asien, produziert. Die Textilarbeiterinnen müssen dort meist unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten. In Bangladesch liege der Mindestlohn im Textilsektor beispielsweise bei 63 Euro pro Monat, wobei der Existenzlohn bei 370 Euro pro Monat liegen müsste.

Die Produktion ist schädlich für die Umwelt. Häufig hinterlässt sie einen Chemiecocktail in Flüssen, aber auch in der Kleidung selbst. Um zum Beispiel eine Jeans herzustellen, müssen ungefähr 8000 Liter Wasser aufgewendet werden – vom Baumwollfeld bis zum Finish. Außerdem legt so eine Jeans leicht einen Weg von 40.000 Kilometer zurück – vom Produktionsland zum Konsumenten und schließlich zur Altkleidersammlung. Die Auswirkungen auf die Umwelt seien enorm: Laut Statistischem Bundesamt verursacht jeder Einwohner in Deutschland pro Jahr 200 Kilogramm CO2-Emissionen für Kleidung und Textilien.

Der „Buy Good Stuff“ Einkaufsratgeber liegt für Kökn und Bonn bereits vor. Für das Ruhrgebiet ist eine Auflage für dieses Frühjahr geplant.
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