Herne. . Eine Krebs- und MS-kranke Frau musste hart um Flüssignahrung kämpfen, bis die Kasse einlenkte. Die IKK stellt das allerdings anders dar.

Rosemarie Morsch hat ein schweres Los gezogen in ihrem Leben. Seit 1975 leidet sie an Multipler Sklerose (MS), 2012 bekam sie auch noch Krebs dazu. Trotz alledem: Die Rollstuhlfahrerin lässt sich nicht unterkriegen. Im Behindertenbeirat der Stadt kämpft sie für die Rechte von Patienten. In einem persönlichen Fall geht sie jetzt an die Öffentlichkeit. Die 79-Jährige und ihr Arzt Dr. Lars Hahn wollen zeigen, wie Krankenkassen Schwerkranken das Leben noch schwerer machen können.

„Seit Mitte Dezember ist meine Patientin nicht mehr in der Lage, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Sie verspürt einfach keinen Appetit mehr und wiegt nur noch 45 Kilogramm“, berichtet Hahn. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MdK) sogenannte Astronautennahrung befürwortet habe, sei die „Odyssee“ für die Wannerin losgegangen. „Die Krankenkasse hat Frau Morsch mit systematischem Telefonterror belästigt, es ihr immer wieder versucht auszureden, auf Flüssignahrung zu beharren.“

Arbeit im Behindertenbeirat

Rosemarie Morsch, seit zwölf Jahren im Behindertenbeirat, informierte auch dieses Gremium über ihren Fall: „Es geht ja nicht nur um mich, ich will die Rechte aller Patienten stärken.“ Mitte Januar bekam Rosemarie Morsch endlich die Bewilligung zur Erstattung ihrer Astronautenkost(en), allerdings: nur befristet bis Ende Juni.

„Den Vorwurf der Verzögerung vom behandelnden Arzt können wir beim besten Willen nicht nachvollziehen“, antwortet die IKK auf Anfrage der WAZ. Es liege nicht in der Absicht der Krankenkasse, es schwerkranken Patienten doppelt schwer zu machen. Sprecherin Stefanie Weier erläutert: „Nahrungsmittel – so auch die enterale Ernährung – gehören grundsätzlich nicht zum Leistungsumfang einer gesetzlichen Krankenkasse, sondern in den Bereich der allgemeinen Lebenserhaltung.“

Der behandelnde Arzt dürfe nur dann enterale Ernährung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnen, wenn nichts anderes die Ernährungssituation verbessern könne.

IKK will Kosten übernehmen

„Um die medizinischen Voraussetzungen zu prüfen, müssen wir den Antrag des Arztes an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weiterleiten – das haben wir schnellstmöglich getan. Das Gutachten vom MDK haben wir am 15. Januar erhalten und bereits am übernächsten Tag die Verordnung der Flüssignahrung genehmigt“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Wenn nach Juni weiterhin die medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen vorliegen würden, verlängere die IKK „selbstverständlich“ die Kostenübernahme.

Lars Hahn bilanziert kritisch: „Es gehört zunehmend zum Profil der Krankenkassen, das Dokumentationsaufkommen in einer Größenordnung zu steigern, die der normale Erkrankte gar nicht mehr bewerkstelligen kann.“