Herne hat 2018 über 90.000 Autofahrer geblitzt. Die Verkehrswacht ärgert das: Sie kritisiert die Standorte der Geschwindigkeitskontrollen.
Die Stadt Herne hat im vergangenen Jahr über 90.000 Autofahrer geblitzt. Das teilt das Rathaus auf Anfrage der WAZ mit. Dadurch flossen 1,74 Millionen Euro in die Stadtkasse. „Eine Überwachung ist und bleibt erforderlich, da Geschwindigkeitsüberschreitungen nach wie vor Hauptunfallursache sind“, sagt Stadtsprecher Michael Paternoga.
Die Stadt hat in den vergangenen Jahren kräftig „aufgerüstet“. Mittlerweile hat sie drei Radarwagen, außerdem zwei Starenkästen an der Wakefield- und der Sodinger Straße sowie eine so genannte Rotlichtüberwachungsanlage an der Kreuzung Holsterhauser Straße/Westring.
Besonders lukrativ sind offenbar die beiden Starenkästen. Sie haben zwei Kameras, eine pro Fahrtrichtung, und erwirtschafteten 2018 über 800.000 Euro. Die Rotlichtanlage brachte zusätzlich 142.000 Euro ein; sie blitzt, wenn Autofahrer über Rot fahren. 1404 Menschen wurden damit 2018 in Herne-Mitte erwischt. Laut Stadtsprecher gibt es aktuell keine Pläne, 2019 weitere Anlagen aufzustellen oder mehr Radarwagen anzuschaffen.
Verkehrswacht: Quote würde dramatisch sinken
Die Überwachung durch Radarwagen erfolge in der ganzen Stadt, vorrangig an Gefahrenstellen, erklärt er – „aufgrund überprüfter und berechtigter Beschwerden der Herner Bürger über Geschwindigkeitsüberschreitungen“.
Heinrich Hendricks, Vorsitzender der Verkehrswacht Wanne-Eickel, widerspricht. Würde die Stadt nur an Gefahrenstellen blitzen, dann wären die Geschwindigkeitskontrollen unwirtschaftlich: „Die Quote der geblitzten Verkehrssünder würde dramatisch sinken, da sich die meisten Verkehrsteilnehmer an tatsächlichen Gefahrenstellen an die vorgeschriebene Geschwindigkeit halten.“ Folge: „Die mobilen Verkehrsüberwachungsanlagen würden völlig defizitär arbeiten und den städtischen Haushalt belasten.“
Verkehrspolitisch Gedanken machen
Nach seiner Erfahrung als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht würden schwerpunktmäßig auch die Radarwagen etwa auf der Dorstener Straße eingesetzt. Sie dienten auch dort allenfalls eingeschränkt der Verkehrssicherheit, sagt er zur WAZ. Sein Fazit: „Man muss sich verkehrspolitisch Gedanken darüber machen, inwieweit bei der Geschwindigkeitsüberwachung die Verkehrssicherheit im Vordergrund steht und/oder die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen.“
Dass die Zahlen der geblitzten Herner in diesem Jahr abnahm, liegt laut Hendricks offenbar an den Starenkästen. Nachdem sie aufgebaut wurden, seien in den ersten Monaten noch viele Autofahrer erwischt worden, auch Ortskundige. Mittlerweile sei der „Bekanntheitsgrad“ so hoch, dass viele Fahrer rechtzeitig den Fuß vom Gas nähmen. Rechne man die Zahlen der Stadt hoch, sei festzustellen, dass sie 2018 mehr Geld durch Radarwagen eingenommen habe.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Dialog gefordert
Seit Jahren plädiert die Verkehrswacht für einen Dialog mit der Stadt über Geschwindigkeitskontrollen. Den gibt es bislang nicht, bekennt Stadtsprecher Michael Paternoga.
Dafür versuche die Verkehrsunfallkommision mit der Polizei, dem städtischen Fachbereich Tiefbau und Verkehr „Unfallstellen zu lokalisieren und sehr kurzfristig zu entschärfen“.