Herne. . Das Johanneswerk hat für Besuchsdienste ein neues Schulungsformat entwickelt. Teilnehmer aus Herne wissen die Fortbildung zu schätzen.

Volkslieder wie „Auf, Du junger Wandersmann“ sind Gisela Blume aus Kindheitstagen noch vertraut. Dass sie die Weisen mit ihren 70 Jahren noch einmal zu Gehör bringen würde, „hätte ich früher nicht gedacht“. Seit einigen Monaten greift sie gern auf das Liedgut bei Besuchen in den Altenhilfeeinrichtungen des Evangelischen Johanneswerks zurück. „Wenn ich beispielsweise einer älteren Dame gegenübersitze und die Lieder vortrage, merkt man ihr an, wieviel Lebensfreude sie verspürt, Zeile um Zeile kann sie mitsingen“. Gisela Blume gehört zu der Gruppe von Ehrenamtlichen, die in den vergangenen sechs Monaten einen neuartigen Kurs absolviert haben, der den Titel „Wegbegleiter“ trägt.

MTeilnehmer Susanne Poschlod (2.v.l), Gisela Blume (3.v.l.), Christian Meßfeldt (5.v.l.) Heiko Lettau (5.v.r.), Angelika Schone (4.v.r.) und Dieter Berndt (3.v.r.)  mit  Marie-Luise Hildebrandt-Junge-Wentrup (l.), Margret Springkämper, (4.v.l.),  Heribert Weißkopf (6.v.l.), Marc Opitz (2.v.r.), Johannes Schildmann.
MTeilnehmer Susanne Poschlod (2.v.l), Gisela Blume (3.v.l.), Christian Meßfeldt (5.v.l.) Heiko Lettau (5.v.r.), Angelika Schone (4.v.r.) und Dieter Berndt (3.v.r.) mit Marie-Luise Hildebrandt-Junge-Wentrup (l.), Margret Springkämper, (4.v.l.), Heribert Weißkopf (6.v.l.), Marc Opitz (2.v.r.), Johannes Schildmann. ©

Das Johanneswerk hatte für Freiwillige, die zum Besuchsdienst der Heime gehören, die Schulung arrangiert. Der Kurs beinhaltete Impulse für die Begegnung mit den Senioren und bot den Helfern ein Gesprächsforum. Zu den Erfahrungen, die Gisela Blume in solche Treffen einbrachte, gehörte beispielsweise auch, „dass die ältere Dame einfach nur das Alleinsein verhindern will. Dann sitzen und schweigen wir“.

Grundsätzliche Fragen

In dem Kurs sei sehr deutlich geworden, dass die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner im Mittelpunkt stehen sollen, hebt Dieter Berndt hervor. Der 72-jährige ist pensionierter Sonderschullehrer und besucht eine an Krebs erkrankte Patientin. Über ihrem Bett hängt eine Engelfigur, erzählt der frühere Presbyter aus der Stephanus-Gemeinde in Holsterhausen. Als er die Frau gefragt habe, ob man mal gemeinsam beten solle, habe sie sofort zugestimmt.

Viele ältere Menschen in den Heimen seien religiös geprägt und suchten Möglichkeiten, über den Glauben zu sprechen, erläutert Pfarrer Johannes Schildmann, der die Schulung konzipiert hat. Der Wunsch ergebe sich wohl auch, weil vielen Senioren sehr bewusst sei, dass ihre letzte Lebensphase begonnen habe. Nun möchte man über grundsätzliche Fragen des Lebens sprechen. Gerade deshalb brauchten die Menschen Zuwendung, betont Berndt: „Jeder Mensch hat nicht nur ein Recht auf ein lebenswertes Leben, sondern auch auf ein würdevolles Sterben“.

Intensive Beziehung

In den vergangenen Monaten hat Kursteilnehmerin Christiane Meßfeldt mehrere Bewohner der Johanneswerk-Einrichtungen bis zum Tod begleitet. Da entstehe eine sehr innige, eine sehr intensive Beziehung, erklärt die 63-Jährige. Bei den Besuchen habe sie mit den Patienten über deren Leben, Sorgen und Ängste gesprochen - und auch gelacht. Mit den Angehörigen habe sie sich abgesprochen. Bleibende Bindungen zu Familien seien entstanden.

Gemeinsame Erlebnisse

Während des Lehrgangs habe man zudem, so Meßfeldt, in gemeinsamer Runde über wichtige Fragen der Sterbebegleitung gesprochen. Zu den wichtigsten Momenten habe dabei zweifellos gehört, dass die Menschen sehr oft große Angst vor Einsamkeit haben. Wenn die Begleiter mal selbst Gesprächsbedarf haben, dann gibt es auch nach wie vor Zusammenkünfte, um die Erlebnisse zu erörtern. Hilfe erfahre man aber auch durch die Mitarbeiter der Einrichtungen, betont die pädagogische Fachkraft in der Ev. Jugend- und Familienhilfe.

Sie besucht zudem regelmäßig Patienten, die an Demenz erkrankt sind. Das sei sicherlich eine besondere Herausforderung, erklärt Meßfeldt, doch es gebe viele Wege, mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen, sei es nun über Gedichte, Bilder oder Lieder.

Kursteilnehmer Heiko Lettau hat bei dem älteren Herrn, den er zwei Mal pro Woche besucht, schon sehr schnell gemerkt, dass er gern an der frischen Luft ist. Der Mann ist an den Rollstuhl gebunden und so fährt er den Senior in die Stadt. „Wir unterhalten uns dabei über ganz alltägliche Dinge, gern auch mal über Fußball oder die Ereignisse, über die man in der Zeitung liest“. Diese Gespräche, um sich besser kennenzulernen, dienen dem 53-Jährigen früheren Besitzer des Lederwarengeschäftes Droste, einem weiteren Zweck. Die Aufgabe eines Wegbegleiters bedeute doch, betont er, an der Seite des Patienten auch und insbesondere in der Phase des Sterbens zu sein. „Gerade dann kann es doch hilfreich sein, sich an gemeinsame Erlebnisse zu erinnern.“

>>>INFO

Das Evangelische Johanneswerk unterhält in Herne die beiden Altenhilfeeinrichtungen Ludwig-Steil- Haus, Wanne-Eickel und Eva-von- Tiele-Winkler-Haus.

Der Kurs Wegbegleiter wurde mit Ehrenamtlichen aus den beiden Einrichtungen in Herne und Häusern des Johanneswerkes in Beckum veranstaltet.

Im Frühjahr startet eine weitere Qualifizierung. Interessenten können sich an Heribert Weißkopf wenden: 0175 5821698.