herne. . Am Emschertal-Berufskolleg lernen junge Migranten und Flüchtlinge spielerisch und mit viel Bewegung Deutsch. Und so funktioniert die Methode.

Am Anfang ist es schon ziemlich still gewesen im Raum A110, erinnert sich Jari Strotmann. Kaum zu glauben. Jetzt sitzen sie da im Kreis, Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren, Mädchen und Jungen gemischt, und still ist es nur, weil alle wissen wollen, was ihr Lehrer Strotmann als Nächstes abfragt.

Jetzt gerade sind die Namen von Kleidungsstücken dran. Schuh – ja, aber was für einer? Turnschuh natürlich. Kurzes Gelächter. Ohne Spaß geht das hier nicht, und still soll’s schon gar nicht sein, hier geht es ums Hören und Sprechen. Im Alphabetisierungskurs des Emschertal-Berufskollegs lernen die Jugendlichen einen Basiswortschatz der deutschen Sprache.

Schüler lernen als Basis 600 bis 700 Worte

Gelernt wird hier nach „LieLa“-Art, Liechtenstein Languages, mit viel Bewegung und auch spielerisch. Mit Bildern von Kleidungsstücken lassen Jari Strotmann und sein Kollege Tobias Kuske ihre Schüler gerade Memory spielen, und was die Bewegung angeht: die hatten die Schüler schon zu Beginn zu dem Lied, das „Hör auf die Stimme“ heißt. Die Choreographie dafür gab Jari Strotmann vor, der diese Art der Basiswissensvermittlung so beschreibt: „In diesem Fall ist man wohl eher Animateur als Lehrer.“

Seit Februar lernen die Schüler in diesem Kurs, einen Wortschatz von 600 bis 700 Wörtern wollen die Lehrer vermitteln – für Gespräche, die man beim Arzt, bei Verwaltungen, auf der Straße oder im Supermarkt so führt. Die Schülerinnen und Schüler in dieser Alphabetisierungsgruppe kommen unter anderem aus Guinea, aus dem Irak, Syrien und Ländern Osteuropas. Eines hatten sie alle zu Anfang gemeinsam: Sie sprachen und verstanden noch kein Wort Deutsch.

„LieLa“, Lichtenstein Languages, verbreitet sich seit gut zwei Jahren an Schulen im Ruhrgebiet, zunächst von Essen aus, dann nach Bochum und seit Februar nun am Emschertal-Berufskolleg – vier Stunden die Woche, und am Ende jeder Woche folgt noch der Gang an die frische Luft, damit die Schüler das Gelernte im Alltag anwenden. Zum Beispiel beim Gemüsekauf.

Fortbildung für Lehrer

Vom Emschertal-Berufskolleg haben Jari Strotmann und Tobias Kuske die Fortbildung für „LieLa“ gemacht, außerdem drei Kollegen vom Mulvany Berufskolleg. Wie es heißt, soll sich das Lernen nach Liechtenstein-Languages-Art an Methoden orientieren, nach denen früher Spione Fremdsprachen lernten.

Jari Strotmann jedenfalls findet das „LieLa“-Konzept, für das das Material aus einem Koffer kommt, sehr sinnvoll: „Die Schüler sprechen viel, sind viel in Bewegung, und weil vieles spielerisch passiert, wird es nie langweilig.“

Stimmt. Als neues Spiel ist gerade „Stille Post“ dran – jetzt ist es für ein Weilchen dann doch sehr leise.

>> INFO: Ende des Projekts ist noch offen

Susanne Stöhr ist stellvertretende Schulleiterin am Emschertal-Berufskolleg.
Susanne Stöhr ist stellvertretende Schulleiterin am Emschertal-Berufskolleg. © Franziska Gerk

Für das Emschertal-Berufskolleg zieht Susanne Stöhr, Stellvertretende Schulleiterin, ein positives Fazit – und sagt über die Lehrer Jari Strotmann und Tobias Kuske: „Da haben sich zwei gefunden. Man muss für diese Art von Unterricht auch der richtige Typ sein.“ Wichtig sei, dass die lockere Atmosphäre den Schülern auch dabei helfe, allgemein Lernbarrieren abzubauen.

Wie lange das Projekt weiterläuft, ist erst einmal offen. Gut vorstellbar, sagt Susanne Stöhr, dass das Lernen nach dem LieLa-Prinzip irgendwann einmal im regulären Unterricht helfen kann, eine Fremdsprache zu vermitteln.