herne. . Beim CDU-Parteitag wurde diskutiert, inszeniert und sogar geweint. Die Einlösung eines Versprechens blieb der Vorstand jedoch schuldig.

Beim 88. Kreisparteitag der CDU ist den Mitgliedern am Samstag einiges geboten worden - sogar Tränen flossen im Veranstaltungszentrum Gysenberg. Die Einlösung eines Versprechens blieb die Parteispitze der Basis allerdings schuldig. Und: Das Rennen um die Merkel-Nachfolge im Bund spielte nur am Rande eine Rolle.

Das Programm

„Es ist Zeit, jetzt unser neues Programm mit Leben zu füllen“, hatte CDU-Chef Timon Radicke (32) in der Einladung auch mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 proklamiert. Mit den versprochenen „klaren Forderungen“ für ein Kommunalpolitisches Programm – abgeleitet aus vier Veranstaltungen im ausgerufenen „inhaltspolitischen Schwerpunktjahr“ 2018 zu Themen wie u.a. Gesundheit und Infrastruktur – konnte Radicke aber nicht dienen. Begründung: Für eine moderne und verantwortungsvolle Volkspartei sei ein Programm ein ständiger Prozess. Die Antworten von heute seien die Fragen von morgen. Bis zum Sommer solle nun ein inhaltlicher Rahmen gesetzt werden, der Kandidaten „als Rüstzeug“ diene.

Die Inhalte

Inhaltlich wurde es trotzdem: Auf Bitte Radickes schrieben Mitglieder Wünsche auf Karteikarten, die anschließend vom Vorsitzenden vorgetragen und kommentiert wurden. So kritisierte er, dass die Stadt das Augenmerk zu sehr auf große Logistikbetriebe und zu wenig auf innovative kleinere Unternehmen lege. Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) müsse ausgebaut werden, so seine Forderung. Und die Finanzierung? Er wolle kein Fass aufmachen, sagte der CDU-Chef, tat es aber doch – indem er die hohe Förderung fürs Volkshaus Röhlinghausen (vorsichtig) in Frage stellte. Auf die Frage, wie Fahrverbote in Herne verhindert werden könnten, räumte er ein: „Das weiß ich noch nicht.“ Was Radicke aus Erfahrung wusste: AfD-Wähler könnten in längeren persönlichen Gesprächen durchaus für CDU-Positionen gewonnen werden.

In der Aussprache kritisierte Lutz Schewe von der CDU-Mittelstandsvereinigung Defizite bei der Digitalisierung der Verwaltung und den Umgang der Stadt mit Bürgern. Sein Beispiel: Er habe seit drei Wochen einen Hund, doch es sei ihm bisher trotz mehrfacher Versuche nicht gelungen, ihn anzumelden.

Die Inszenierung

„Aufbruch groß denken!“ lautete das Motto des Parteitags. Passend wäre an mehreren Stellen gewesen: „Politik als Inszenierung“. Das gilt nicht nur für Elemente wie Video-Botschaft (Paul Ziemiak) oder Einspielfilm und -musik, sondern auch für das Auftreten Timon Radickes, bei dem die Grenzen zwischen frischem Wind und heißer Luft bisweilen verschwammen.

Die Ehrungen

Timon Radicke zeichnet den Sodinger Ildefons Bollinger für dessen 65-jähjrige Mitgliedschaft in der CDU aus.
Timon Radicke zeichnet den Sodinger Ildefons Bollinger für dessen 65-jähjrige Mitgliedschaft in der CDU aus. © Rüdiger Ungebauer

Ganz große Gefühle gab es beim Parteitag an zwei Stellen. Zum einen bei der Ehrung des Sodingers Ildefons Bollinger (89). Der frühere Musiklehrer am Pestalozzi-Gymnasium und spätere Diözesan-Kirchenmusikdirektor in Mainz wurde für 65-jährige Mitgliedschaft ausgezeichnet. Und bei der Verabschiedung von Petra Ströbele-Both flossen sogar Tränen - sowohl bei der nach 27 Jahren ausscheidenden Kreisgeschäftsführerin (wir berichteten) als auch bei Laudatorin Ingrid Fischbach.