Herne. . Simon Janatzek bietet in Herne in seinem Büro für barrierefreie Bildung Hilfsmittel für Sehbehinderte an. So kam der Informatiker auf die Idee.

Simon Janatzek gilt offiziell als blind, auch wenn er einen Prozent Sehkraft hat. Seine Sehschwäche hat ihn nicht daran gehindert, zu studieren und ein eigenes Geschäft zu eröffnen. „Nach dem Studium habe ich eine Marktanalyse gemacht, um herauszufinden, was Sehbehinderte brauchen“, erklärt der 43-jährige Diplom-Pädagoge und Informatiker. Es zeigte sich, dass es kaum Schulungen für Menschen mit Sehbehinderung gibt. So reifte die Idee, ein ungewöhnliches Büro zu eröffnen, eines für barrierefreie Bildung.

2004 eröffnete der gebürtige Bochumer sein erstes Büro in seiner Heimatstadt. „Das war ganz klein, schließlich musste ich erst mal etwas verdienen.“ 2007 ging es nach Herne. „Meine Frau und ich haben das Haus gekauft und leben hier.“ Zunächst bot das Team nur Schulungen an, später kamen Hilfsmittel dazu.

So sieht sie aus, die Kamera an der Brille.
So sieht sie aus, die Kamera an der Brille. © Rainer Raffalski

Sehbehinderte finden hier Geräte von verschiedenen Herstellern – wie eine vorlesende Kamera. Simon Janatzek weiß aus eigener Erfahrung, worauf es ankommt und welche Hilfsmittel einem den Alltag erleichtern können. „Ich kam als Frühchen auf die Welt. Die Brutkastentechnik war damals noch nicht so gut wie heute. Deshalb bin ich erblindet“, erklärt er, ohne jegliche Bitterkeit. Es gebe Menschen, die sich in die Ecke setzen und sich ihrem Schicksal ergeben. „Das bringt doch nichts. Ich bin da tiefenentspannt.“ Und das versucht er auch seinen Kunden zu vermitteln. „Wenn jemand erblindet, schämt er sich häufig und lässt den Blindenstock zu Hause.“

Hilfe beim Autofahren

Am meisten freut es ihn, wenn er eben solchen Menschen helfen kann, die durch ihre Erblindung den Mut verloren haben. „Wir hatten eine Kundin, die in der Praxis ihres Mannes die Abrechnungen und das alles gemacht hat, bis sie erblindete und in ein Loch fiel“, erklärt Janatzek. Durch die Schulung habe sie wieder Mut gefunden und mittlerweile sogar einen eigenen Handarbeitsladen eröffnet.

Tischtennis-Spiel für Blinde im Büro

Das Büro für barrierefreie Bildung hat montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Um Anmeldung wird gebeten:
unter WAN 55 93 30 oder über das Internet: www.bf-bildung.de

In den Räumen an der
Westfalenstraße 11 in Röhlinghausen können Blinde und Sehbehinderte auch „Showdown“, ein spezielles Tischballspiel, spielen.

Das Büro für barrierefreie Bildung bietet Schulungen für iPhone und iPad, für den PC sowie Hilfsmittel. Sie unterstützen am Arbeitsplatz oder dabei Bewerbungen zu schreiben. Die Schulungen reichen vom Erlernen des Umgangs mit Großschrift- oder Vorleseprogrammen bis hin zum Erlernen der Braille-, also der Blindenschrift. Während Simon Janatzek vor allem diejenigen betreut, die wie er fast oder gar nichts sehen können, arbeitet seine Frau Tanja, ebenfalls Diplom-Pädagogin, mit Seh- und Hörbehinderten. Ein Arbeitsplatzassistent unterstützt das Ehepaar. „Ich brauche jemanden, der für mich Auto fährt und der mir mit handschriftlichen Dokumenten weiterhilft“, erklärt Simon Janatzek. Denn dafür gebe es bislang keine Hilfsmittel. Wie rar ein solches Angebot ist, zeigt sich dadurch, dass das Team Kunden aus ganz Deutschland hat und eine Warteliste.