Herne. . Wie gewinnt man das Vertrauen der Wähler zurück? Zwei SPD-Politiker in Herne klingelten dafür am Samstag an Haustüren. So reagierten die Bürger.

Warum schwindet das Vertrauen vieler Menschen in die Politik? Das ist eine Frage, die auch Kommunalpolitiker beschäftigt. In Röhlinghausen begab sich die SPD am Samstag auf Ursachenforschung. Ortsvereinsvorsitzender Hendrik Bollmann und Bezirksverordneter Heinz Gers statteten den Bewohnern in der Plutostraße einen Besuch ab.

Früher hätten die Menschen mit den Hauskassierern immer jemanden gehabt, den sie direkt ansprechen konnten, sagt Bollmann, heute sei Politik anonymer geworden; dabei sei der persönliche Kontakt zu den Bürgern vor allem in der Kommunalpolitik besonders wichtig – „die ist unsere Basis“.

Zentrale Punkte: Müllaufkommen und Lärmbelästigung

Schon in den ersten Häusern bekommen die Politiker einen Eindruck von der Wohnsituation vor Ort. Diejenigen, die bereit sind, die Tür zu öffnen, haben einiges zu berichten. Müllaufkommen und Lärmbelästigung rund um die Gaststätte „Schacht V“ sind zwei der zentralen Kritikpunkte. Auch die mangelhafte Parksituation ist vielen Anwohnern ein Dorn im Auge. Bollmann und Gers kündigen unter anderem Gespräche mit Ladenbesitzern und Ordnungsamt an, notieren sich die Beschwerden der Betroffenen. Obwohl nicht wenige skeptisch sind, dass die Maßnahmen die gewünschte Besserung bringen, stößt die Aktion der Hausbesuche auf viel Zuspruch.

Sie machte gerne auf: Hannelore Sterkau, rechts ist Hendrik Bollmann.
Sie machte gerne auf: Hannelore Sterkau, rechts ist Hendrik Bollmann. © Sabine Hahnefeld

So auch beim Ehepaar Richter: „Schlecht ist es nicht, dass man die Politiker mal persönlich sieht. Sonst kommt man ja auch nicht dazu, sich damit zu beschäftigen.“ Maitree Sterkau sieht das ähnlich: „Ich denke, es ist wichtig, dass die Leute vor Ort einen Ansprechpartner haben, damit die Politik nahbarer wird. Ich könnte mir auch vorstellen, dass das ein Weg ist, gegen die Entfremdung der Wähler von der Partei anzugehen.“

Weitere Aktionen sollen demnächst folgen

Die SPD-Politiker zeigen sich nach den mehreren Dutzend Gesprächen ebenfalls zufrieden: „Ich bin positiv überrascht, dass wir so angenehme Reaktionen bekommen haben und nicht mit Beschimpfungen zu kämpfen hatten“,sagt Heinz Gers und ergänzt: „Man merkt, dass sich die Klientel verändert hat. Es ist nicht mehr wie früher, dass die Leute aus Solidarität zu den Nachbarn oder der Familie ebenfalls die SPD wählen.“ Und: Die Wähler kämen nicht mehr von alleine.

Eine Ansicht, die auch Hendrik Bollmann teilt: „Wir dürfen jetzt natürlich nicht denken, dass es damit getan ist. Es wird ein Prozess sein, das Vertrauen der Leute zurückzugewinnen.“ Dazu sollen in Zukunft mehr solcher Aktionen folgen, geplant seien zwei bis drei Aktionen in den Schulferien, um die Präsenz in Röhlinghausen weiter zu verstärken.

„Wir als SPD müssen lernen, wieder Gras zu fressen. Wahrscheinlich haben wir in den letzten Jahren auch einfach zu groß gedacht. Kleine Aktionen wie heute, bei denen wir im direkten Dialog mit den Bürgern stehen, sind anscheinend sinnvoller als große Bürgerversammlungen.“, zeigt sich Bollmann selbstkritisch und formuliert zum Abschluss einen Wunsch: „Wir hoffen, dass wir auch die Nichtwähler auf diesem Weg erreichen können, wenn wir stärker präsent sind.“

>> WEITERE INFORMATIONEN: Die Idee

  • Die Idee für die Hausbesuche sei im vergangenen Sommer entstanden, als nach den Rassismus-Vorwürfen um Mesut Özil eine Debatte über die Integration in Deutschland entfacht wurde. Umgesetzt worden sei sie aus zeitlichen Gründen aber erst jetzt. Die aktuellen Umfragewerte der SPD spielten aber auch eine Rolle, bekennt Hendrik Bollmann.

Ziel der Hausbesuche sei es, dass die Bürger auch jenseits der Wahlkämpfe ein Gesicht mit den gewählten Politikern verbinden und in Zukunft keine Hemmungen haben, diese bei Problemen auch anzusprechen.