Herne. . Verleger von Büchern über Graffiti im öffentlichen Raum und Sprayer treffen sich am Wochenende im alten Wartesaal des Herner Bahnhofs.
Hinter dem Veranstaltungstitel „Unlock, Visual Dissidence“ verbirgt sich ein relativ leicht zu verstehendes und äußerst spannendes Unterfangen: Am kommenden Wochenende wollen Verleger von Graffiti-Literatur und die Sprayer selbst im Alten Wartesaal des Herner Bahnhofs auf sich und ihr Schaffen aufmerksam machen.
Acht Publizisten und Do-It-Yourself-Verleger präsentieren auf den im Wartesaal aufgestellten Tischen Publikationen zum Underground des zeitgenössischen alternativen Graffiti. Ausgewählte Künstler zeigen dazu passend ausgewählte Werke. Das besonders prickelnde am Treffen der NRW-Graffiti-Szene im Herzen Hernes: Etliche Künstler dürften auch der Polizei nicht unbekannt sein, manche haben nur Bußgelder für ihr Schaffen zahlen müssen, andere haben vielleicht für eine gewisse Zeit auf ihre Aktivitäten verzichten müssen.
„Urbane Kunstwerke“ auf Beton und Bahnen
In der Gefängniszelle wird bekanntlich nicht gesprüht. Denn es handelt sich um „urbane Kunstwerke“ auf Beton und Bahnen, die nicht genehmigt sind, geschweige den von einem Auftraggeber bezahlt wurden. Und die teilweise in Nacht- und (Sprüh-)Nebelaktionen auf öffentlichen Objekten landen, die logistisch minuziös geplant werden müssen, wie der Kurator der Ausstellung, Robert Kaltenhäuser deutlich macht. Er kann es auch noch etwas prägnanter formulieren: „Wer sich wirklich intensiv mit Graffiti-Kunst beschäftigt, der muss auch dafür bezahlen.“ Womit natürlich Bußgeld gemeint ist.
Begleitend zur Bücherschau gibt es eine Gesprächsrunde mit Vorträgen von Aktivisten und Experten. Das Thema ist kein leichtes: Kann man ungenehmigte Kunst institutionalisieren? Hier dürften ganz unterschiedliche Meinungen aufeinander treffen.
Fenerci: Das sind keine Schmierereien
Zekai Fenerci, Geschäftsführer von Pottporus, der das Projekt unterstützt, stärkt der Street-Art jedenfalls den Rücken: „Für mich sind das keine Schmierereien, das ist positiv, das ist Kunst.“ Seiner Meinung nach habe sich die Szene entwickelt, gehe mit ihren Werken kritisch um. „Interessant an der Veranstaltung in Herne für Besucher ist es vor allem, urbane Kunst einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu sehen.“ Kaltenhäuser ergänzt: „Es geht hier um mehr als das, was man an den Bahnlinien sieht.“
Auch wer sich bislang nicht für Graffiti interessiert hat, sei eingeladen. Hier wie überall ist der Blick auf die bunten Objekte natürlich kostenlos.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Die Messe
Die Buchmesse findet am Samstag, 8. September, von 11 bis 19 Uhr, und am Sonntag, von 11 bis 18 Uhr statt.
Verleger und Künstler kommen aus Deutschland, Ungarn, den Niederlanden und Italien. „Unlock: Visual Dissidence“ ist eine Kooperation zwischen der Veranstaltungsreihe „Unlock Book Fair“, dem Museum für Visuelle Dissidenz und Pottporus.