Herne. . Milch oder Kakao? Meistens entscheiden sich Kinder für die süße Variante. Die Herner Grundschulen haben des Thema längst auf dem Schirm.
Wenn von Schulmilch die Rede ist, müsste es eigentlich Schulkakao heißen, denn der überwiegende Teil der Grundschüler entscheidet sich für die süßere Alternative. Genau da liegt auch das Problem. Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisiert, dass Bundesländer wie NRW den Vertrieb eines solchen zuckerhaltigen Getränk in den Schulen noch fördern, indem sie die Verkaufspreise subventionieren. Wie halten es die Grundschulen in Herne mit der Abgabe von milchhaltigen Getränken? Die WAZ fragte nach.
Unterschiedliche Lösungen
Die Elternschaft der Laurentiusschule habe sich eingehend mit der Frage befasst, berichtet Schulleiterin Martina Nissalk. Der Großteil sei allerdings der Meinung, dass eine gesunde Ernährung nicht davon abhängig sei, ob ein Kind am Tag einen Viertelliter Kakao trinke. Zudem achte man bei der Mittagsverpflegung im Offenen Ganztag darauf, dass ausreichend Obst und Gemüse bereitstehe.
Nach der Kritik an der Schulmilch will die Südschule abwarten, welche Angebote der Milchlieferant im neuen Schuljahr unterbreitet, erklärt Leiterin Raffaella Brinkhoff. In den vergangenen Jahren habe die Schule immer schon viel früher gewusst, welche Produkte zu welchen Preisen gebucht werden können. Das stehe momentan noch aus. Bislang hätten neben Milch und Kakao auch Vanille- und Erdbeermilch zum Sortiment gehört.
Milchkonsum nimmt mit dem Alter ab
Ohnehin, so Kristina Wagener, Leiterin der Sonnenschule, nehme die Bestellung von Schulmilch mit steigender Jahrgangsstufe ab. Viertklässler machen nach ihren Worten kaum noch Gebrauch davon. Damit in den Klassen ausreichend Getränke vorhanden sind, brächten die Eltern Mineralwasserkisten, berichtet Wagner. „Die Mütter und Väter sprechen sich ab, wer wann an der Reihe ist.“ Genauso hält es die Schillerschule, sagt Leiterin Andrea Sdun. Auch hier ein Kombipaket: Kinder können Milchgetränke bestellen, aber reihum sorgen Eltern dafür, dass in den Klassen Kisten mit Mineralwasser bereitstehen. Ähnlich ist es auch in der Europaschule an der Königstraße, erläutert Leiterin Gabriele Schlemminger. Man überlege derzeit auch, ob man Technik anschaffe, um Leitungs- bzw. Trinkwasser zu nutzen.
Sodastream-Geräte für alle Klassen
In der Kolibri-Schule sei man nach intensiver Diskussion mit großer Mehrheit zu der Entscheidung gelangt, weiterhin Milch und Kakao zu bestellen, erklärt Leiterin Stephanie Lakomy. Gleichwohl lege die Schule auf gesunde Ernährung und ein gesundes Frühstück besonderen Wert. Mitunter führe man auch mit den Eltern Gespräche, vor allem, wenn das Kind zu Übergewicht neige.
Ganz anders in der Grundschule Schulstraße/Berliner Platz (jetzt „Kunterbunt“): Dort gibt es statt Milch Sodastream-Geräte, erläutert Leiterin Monika Müller. Zudem nehme man am Schulobstprogramm des Landes teil.
Gegen Schulmilch hat sich auch die Schulkonferenz der Max-Wiethoff-Schule schon vor Jahren ausgesprochen, so Leiterin Ute Leipski. Inzwischen stehe für die Klassen Mineralwasser bereit. Süße Getränke seien zudem verboten. Man achte auch darauf, dass sich die Eltern an die Regeln hielten, wenn sie ihren Kindern Getränke in die Schule mitgeben.
Kein Zuckerzusatz, aber Bedarf an Kalzium
Die Organisation „Foodwatch“ weist bei ihrer Kritik auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hin.
Danach sollen Milchprodukte, die in Schulen verteilt werden, keinen Zuckerzusatz enthalten sollen. Ebenfalls auf Empfehlungen der DGE beruft sich das Verbraucherschutzministerium: Kinder brauchten die Milch zur Deckung des Kalziumbedarfs.
Gesamte Verpflegung betrachten
Die Verbraucherzentrale hält Kakao mit vier Gramm Zuckerzusatz für tolerierbar, so Gabriele Janthur vom Bereich Ernährung und Umwelt. Bei der Bewertung solle man zudem die gesamte Verpflegung in der Schule beachten: Wie sieht es mit der Mittagsverpflegung aus? Welche Angebote gibt es in der Cafeteria oder am Schulkiosk?
Der Milchlieferant CampinaFriesland, von dem viele Herner Schulen die Milch beziehen, erklärt, es sei das einzige Molkereiunternehmen, das noch Schulmilch als Frischmilch anbiete.
Das Landesministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, will laut seines Sprechers Christian Fronczak zunächst den Verkauf von Vanille- und Erdbeermilch nicht mehr fördern. Bei Kakao sei die finanzielle Unterstützung gesenkt, bei Milch jedoch gestärkt worden. Zudem erhalte nur der Kakao Subventionen, der maximal vier Gramm zugesetzten Zuckers enthalte. Die EU erlaube hier sogar sieben Prozent.
>> VERÄNDERTE PREISE FÜR MILCH UND KAKAO
Die Veränderungen bei den Fördermitteln habe zur Folge, dass ein Päckchen Milch (250 ml) jetzt höchstens 30 Cent (früher 35 Cent) und der Kakao 42 (vorher 40) Cent kosten darf, so der Sprecher des zuständigen NRW-Landesministeriums.
Das Ministerium will demnächst prüfen, wie die Reaktionen auf die neue Preisgestaltung ausfallen und plant zudem eine Befragung der Eltern.