herne. . 2012 sprach sich eine Ratsmehrheit gegen einen Live-Stream von Ratssitzungen aus. Nun startet die Fraktion Piraten-AL einen neuen Versuch.
Vor sechs Jahren sind FDP und Linkspartei mit dem Versuch gescheitert, in Herne Live-Übertragungen von Ratssitzungen einzuführen: Die Mehrheit der Stadtverordneten sprach sich gegen „Rats-TV“ aus. Nun gibt es einen neuen Vorstoß – diesmal von der Fraktion Piraten-Alternative Liste (AL).
„Die Verwaltung wird gebeten zu prüfen, ob und wie sich das Live-Streaming von Ratssitzungen nach aktueller technischer und rechtlicher Situation darstellen ließe“, heißt es in dem Antrag. Und: „Dabei soll auch eine Nur-Audio-Übertragung als erste Stufe in Betracht gezogen werden“, so Piraten-AL.
In zahlreichen anderen Städten sind Live-Streams aus Ratssitzungen zum Teil schon seit vielen Jahren üblich. Kommunen wie beispielsweise Essen, Leverkusen, Köln, Leipzig, Braunschweig oder Mönchengladbach nutzen dieses Instrument.
Stärkung der Bürgerbeteiligung
„Auch in Herne ist die Einführung von Live-Übertragungen aus Ratssitzungen überfällig“, sagt Bernd Schroeder, Vorsitzender der Fraktion Piraten-AL, auf Anfrage der WAZ. Transparenz von Politik werde immer wichtiger.
Ein Live-Stream würde wohl nur auf ein begrenztes Interesse stoßen, so Schroeder. Aber: Ein solches Angebot wäre ein Baustein zur Stärkung von Bürgerbeteiligung. Und es gehe darum, das Ansehen der Politik allgemein zu verbessern. Dass eine Live-Übertragung bisweilen abschreckende Wirkung haben könnte, glaubt Schroeder nicht.
Bei der FDP-Ratsgruppe rennt die Piraten-AL-Fraktion offene Türen ein, „Wir wollten eigentlich für die zweite Ratssitzung nach der Sommerpause einen ähnlichen Antrag stellen“, sagt FDP-Stadtverordneter und Parteichef Thomas Bloch. Für diskutabel hält der Liberale die Frage, ob statt kompletter Sitzungen nicht nur ausgewählte Tagesordnungspunkte wie zum Beispiel die Einbringung des Haushalts live übertragen werden sollten. Auch fünfminütige Zusammenfassungen von Ratssitzungen könne er sich vorstellen. Ziel müsse sein, mehr Menschen als bisher für Politik zu interessieren und zu begeistern.
Anonyme Abfrage bei den Stadtverordneten
Auch die Linke steht nach wie vor zu ihrem Vorstoß aus dem Jahr 2012: „Politik findet zu häufig hinter verschlossenen Türen statt“, sagt Linke-Vorsitzender und Fraktionsgeschäftsführer Daniel Kleibömer. Live-Übertragungen aus dem Rat könnten dazu beitragen, die Transparenz zu erhöhen.
Das sah die Ratsmehrheit vor sechs Jahren anders: In einer anonymen Abfrage durch Oberbürgermeister Horst Schiereck sprachen sich damals 33 Ratsmitglieder gegen und nur 25 für einen Live-Stream aus. Daraufhin wurde das Thema zunächst einmal auf Eis gelegt.
Große Vorbehalte gab es 2012 vor allem in der SPD. Und diesmal? Die Fraktion werde sich am Montag in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause mit dem Thema befassen, so SPD-Fraktionsgeschäftsführer Michael Hasler.
1400 Essener verfolgen Ratssitzungen im Internet
Die Stadt Essen überträgt Ratssitzungen bereits seit 2013 per Live-Stream im Internet. Die Sitzungen seien rückwirkend für ein Jahr im Internet abrufbar, so eine Sprecherin zur WAZ.
Die Zugriffe auf diese Sitzungen lägen (in der 590 000-Einwohner-Stadt Essen) im Schnitt „um die 1400“.
Über die Kosten könnten aus „wettbewerbs- und vergaberechtlichen Gründen“ keine Angaben gemacht werden, heißt es.