Herne. . Jahrzehnte lang war die historische Mulvany-Villa den Hernern verschlossen. Beim Besuch im Shamrockpark öffnete sie WAZ-Lesern ihre Pforten.
Jürgen Hagen ist jetzt seit elf Jahren Hernes Stadtarchivar, und er hat in dieser Zeit den allergrößten Teil der historischen Stätten und Gebäude gesehen und betreten, doch die WAZ öffnete ihm am Montag eine Pforte, die ihm bislang - weil die RAG seine Anfragen stets abgeblockt hatte - verschlossen geblieben war: Hagen und eine Gruppe weiterer WAZ-Leser durften sich in der historischen Mulvany-Villa und im gesamten Shamrockpark umschauen.
Diese Öffnung war von Anfang an zentraler Bestandteil der Philosophie der Essener Fakt AG. Sie ist neuer Eigentümer der ehemaligen RAG-Konzernzentrale - ein riesiges Areal mit rund 90 000 Quadratmetern. Was früher eine Stadt in der Stadt war, soll Teil Hernes werden. Und prägend soll die denkmalgeschützte Mulvany-Villa sein. In die hat sich auch Fakt-Chef Hubert Schulte-Kemper verliebt. Für ihn hat die Villa weit über Herne hinaus eine historische Bedeutung, weil der Ire Thomas Mulvany, der sie bauen ließ, die Entstehung der Wirtschaftskraft Deutschlands zumindest mit auf den Weg gebracht habe. Schulte-Kemper skizzierte den Gästen die umfangreichen Pläne für den Shamrockpark - von der Vermietung der Bestandsgebäude über Neubaupläne für Wohnungen und eine Kita. Die Fakt werde alles tun, um das Thema nach vorne zu bringen. Er selbst zeigte sich optimistisch, dass dies gelingt. Er deutete an, dass es in Zukunft einen weiteren Zugang zum Gelände geben könnte, um es stärker für die Menschen zu öffnen.
Räume können gemietet werden
Beim Gang durch Räumlichkeiten konnten die Gäste erahnen, wie die Ruhrbarone im 19. Jahrhundert lebten. Inventar wie ein Kamin oder historische Holzschränke verbreiteten einen Hauch jener Zeit, als die Kohleära gerade begann. Interessant: An den Wänden hängen keine Gemälde. Der Grund: Beim Verkauf musste die RAG sie ans Bergbaumuseum abgeben. Allerdings, so klärte Stadtarchivar Hagen auf, habe Thomas Mulvany die Villa zwar bauen lassen, habe aber selbst nicht darin gewohnt, später allerdings die Bergwerksdirektoren Gräff und Behrens. Heute, so Projektmanagerin Janina Wrobel, könne jedermann die historischen Räumlichkeiten für Veranstaltungen mieten. Sicher ein ungewöhnliches Ambiente.
Das gilt auch für das Kasino, das sich unmittelbar an die Villa anschließt. Es wurde 1992 gebaut, und weist ein paar Besonderheiten aus. Unter anderem sei es eins der ersten Gebäude gewesen, dass mit LED-Leuchten ausgerüstet worden sei. Noch eine Besonderheit: der sogenannte Löwengang. Dabei handelt es um eine Fußgängerbrücke über die Brunnenstraße, die an den Gang erinnert, durch den Löwen in die Zirkusmanege kommen. Auch auf dem Gelände sind mehrere Gebäude mit diesen Fußgängerbrücken verbunden, so dass RAG-Mitarbeiter trockenen Fußes von A nach B kamen.
Wrobel betonte, dass der weitaus größte Teil der Bausubstanz erhalten bleiben soll - ebenso wie der Park-Charakter. „Deshalb haben wir ja den Namen Shamrockpark gewählt.“
Die Besucher zeigten sich angetan von der Führung. Rainer Möllenkamp wohnt seit zwei Jahren in Herne und entdeckt Stück für Stück die Stadt. „Ich war von der Größe des Geländes überrascht. Mir imponiert, wie optimistisch Herr Schulte-Kemper in die Zukunft blickt“, sagte er. Auch Stadtarchivar Jürgen Hagen zeigte sich begeistert. „Die Villa ist echt ein Schmuckstück. Toll, dass sich die Fakt AG so öffnet.“