Herne. . Die Familien- und Schulberatungsstelle bietet eine Telefonberatung für alle, die mit Kindern arbeiten und Auffälligkeiten feststellen.

Wenn Kinder gefährdet und die Eltern keine Hilfe, sondern vielleicht sogar das Problem sind, werden oft Lehrer, Ärzte und Sozialarbeiter aufmerksam. Doch wie weit dürfen sie eingreifen? Ab wann das Jugendamt verständigen? Bei diesen Entscheidungen hilft die „Familien- und Schulberatungsstelle“ basierend auf den Vorgaben des Bundeskinderschutzgesetzes von 2012.

Der § 8a des Sozialgesetzbuches sieht den Schutzauftrag, also das gegebenenfalls rechtliche, polizeiliche und familiäre Eingreifen bei Kindeswohlgefährdung durch das Jugendamt vor. Diesem „Wächteramt“ gegenüber funktionieren die Mitarbeiter der „Familien - und Schulberatungsstelle“ nach dem §8b als Zwischeninstanz. In telefonischen Gesprächen stellen die Mitarbeiter dem Anrufer Entscheidungsoptionen und Beratungsstellen vor und schätzen die Gefährdung des anonymen Kindes ein. Sie dürfen nicht eingreifen, und die Verantwortung bleibt beim Anrufer. Diesem ist oft nicht bekannt, welche Möglichkeiten es abseits des Jugendamtes gibt; der Schritt dorthin wirkt abschreckend hart. „Wir sind für Grauzonen- Situationen zuständig. Wenn eine Unsicherheit besteht, was zu tun ist“, sagt Brigitte Benthaus, eine der Fachkräfte für die Familien - und 8b-Beratung.

Akute und latente Gefährdungen

Bei sofortigem Herantreten an das Jugendamt oder voreiligem Handeln bestehe die Gefahr, die Familiensituation zu verschlimmern und das Vertrauen der Kinder zu brechen, so Fachkraft Isabell Brugier. Oft komme es vor, dass diese sich nur schrittweise an Bezugspersonen herantasten und erzählen.

Die im Sektor der Jugendhilfe und des Kindeswohls erfahrenen Fachkräfte besprechen die Fälle untereinander und schätzen die Gefährdung ein: akut oder latent, 8a oder 8b? Oft wird den Anrufern geraten, vorsichtig an die Eltern heranzutreten, Hausbesuche zu machen und vorerst zu beobachten. Es fielen schon Kinder mit desolaten Gebissen auf oder solche, denen Materialien und Essen in der Schule fehlten. In Herne gebe es viele arme Familien, die man in ihrer Armut nicht beschämen dürfe, sagt Sabine Bittner, die Abteilungsleiterin.

Erst wenn die Mitarbeiter der Beratungsstelle eine klare Kindeswohlgefährdung feststellen, empfehlen sie eine Meldung an das Jugendamt und dem Kind ganz klar zu machen: Was mit dir passiert, ist nicht richtig.

Die meisten Anrufer kommen aus der Lehre. Die Fachkräfte befürchten, dass das Angebot unter anderen Berufsgruppen mit Kontakt zu Kindern noch nicht bekannt ist und gehen deshalb an die Öffentlichkeit.

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Arbeitnehmer, die nicht der Jugendhilfe angehören, aber mit Kindern arbeiten, haben Anspruch auf kostenlose fachliche Beratung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung (§ 8b SGB VIII). Darunter fallen zum Beispiel Ärzte, Lehrer, Therapeuten wie auch Ehrenamtliche. Auch Präventivmaßnahmen wie Frühberatung von Eltern und Erziehern werden angeboten. Die Beratungsstelle ist werktags telefonisch unter HER 163 640 zu erreichen.