Herne. . Eine digitale Erfassung des Unterrichtsausfalls helfe nicht weiter, ist von vielen Herner Schulen zu hören. Es helfe nur eins: mehr Lehrer.
Wenig Hilfreiches erwarten die Sprecher und Leiter Herner Schulen von der digitalen Erfassung des Unterrichtsausfalls, die im nächsten Jahr eingeführt wird. Vor allem Gesamtschulen, die Hauptschule und die Förderschulen sehen nicht, dass so ihr wesentliches Problem gelöst wird: Lehrermangel.
Schon in diesem Schuljahr konnte das digitale System getestet werden. „Alles problemlos“, sagt Egon Steinkamp, Sprecher der Herner Gymnasien im Schulausschuss und Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums. Unterrichtsausfall sei immer das letzte Mittel, die Schulen versuchten dies zu vermeiden, so durch bezahlte Mehrarbeit. Er rechne nicht damit, dass es bei der Erfassung des Unterrichtsausfalls an den Herner Gymnasien böse Überraschungen geben werde.
Fachfremde Lehrer oder größere Gruppen
Lothar Heistermann, Leiter der Hans-Tilkowski-Hauptschule, sieht der Erfassung des Unterrichtsausfalls entspannt entgegen. Abgesehen von einer heftigen Grippewelle Anfang des Jahres halte sich der Unterrichtsausfall in Grenzen. „Wir versuchen ihn aufzufangen, indem fachfremde Lehrer unterrichten oder Unterricht in größeren Gruppen erteilt wird.“ Allerdings: Von fünf freien Lehrerstellen ließen sich nur zwei besetzen. „Wenn die Erfassung dazu führt, dass wir mehr Lehrer bekommen, wäre das schön.“ Nur glauben mag er das nicht.
Das beurteilt Katharina Rodermund, Leiterin der Gesamtschule Wanne-Eickel, genauso. „Die Erfassung raubt uns Zeit, die für Unterricht fehlt und uns nichts bringt“, sagt sie ziemlich resigniert. Im nächsten Jahr könnten in den Jahrgängen 5, 6, und 7 vier Stunden pro Klasse pro Woche nicht erteilt werden aufgrund von Lehrermangel. Krankheitsausfälle und ähnliches seien noch gar nicht berücksichtigt. Von den zehn ausgeschriebenen Stellen wurden nur drei besetzt. „Es ist ganz schlimm.“
Massiv betroffen von Unterrichtsausfall und Lehrermangel seien auch die Herner Förderschulen, so Gisbert Knierim. Und: „Bis auf Schulen mit dem Schwerpunkt Lernen und Entwicklungsstörungen wird das auch künftig mit dem neuen System nicht erfasst“, ärgert sich der Sprecher der Förderschulen im Schulausschuss. „Von unseren Problemen wird also auch weiterhin nichts nach außen dringen.“
Konzept für Vertretungsunterricht
„Der Arbeitsaufwand ist immens“, hat Realschulsprecher Uwe Scholle über den Test gehört. Die organisatorischen Rahmenbedingungen seien überall andere, angefangen mit der Länge der Schulstunde, und Vergleichbarkeit nicht gegeben. „Transparenz ist schön“, sagt Scholle, „aber wenn es bei schulscharfen Ausschreibungen keine Bewerber gibt, hat man nichts davon.“ Die Hochschulen müssten dringend mehr Lehrer ausbilden.
Ralf Sagorny, Leiter des Emschertal-Berufskollegs (EBK), sieht keine Probleme bei der digitalen Erfassung der Unterrichtsausfälle. Viele andere Sachen würden auch längst per Computer erledigt. Lehrermangel gebe es zurzeit am EBK keinen. Für das kommende Schuljahr habe man ein Konzept für den Vertretungsunterricht erarbeitet. Jeder Lehrer stelle eine gewisse Anzahl an Stunden zur Verfügung, die einzelnen Fachbereiche hätten entsprechendes Material vorbereitet, so dass der Vertretungsunterricht durchgeführt werden könne.
Lob von Birgit Klemczak (SPD)
Birgit Klemczak, Vorsitzende des Schulausschusses, begrüßt die Statistik zum Unterrichtsausfall, die das Land auf den Weg gebracht hat. Sie werde den Beweis erbringen, dass viele, manchmal zu viele Unterrichtsstunden ausfielen, sagt die SPD-Ratsfrau zur WAZ.
Klemczak ist in den vergangenen Monaten mit einer interfraktionellen Gruppe durch fast alle Schulen der Stadt getingelt und hat sich vor Ort die Nöte und Sorgen der Lehrer angehört. Dass immer wieder Stunden ausfielen, „sei so“. Das sei keine subjektive Erfahrung, sondern werden von Schulen auch so mitgeteilt. „Die traurige Nachricht aus der neuen Statistik wird sein, dass Lehrer fehlen“, blickt die Ratsfrau in die Zukunft. Nur durch Neueinstellungen aber könnten Unterrichtsausfälle bekämpft werden. Ob es dafür aber genügend Kandidaten gibt, bezweifelt sie.