Herne. DRK-Chef Martin Krause im Interview zum neuen Gesetzentwurf des Landes. Seine Forderung: Die Politik soll klare Aussagen zur Ausbildung treffen

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat das Wohn- und Teilhabegesetz vorgestellt, mit dem die Arbeit in Pflegeheimen verbessert werden soll. Die WAZ befragte dazu Martin Krause, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Herne und Wanne-Eickel, das zwei Seniorenheime unterhält.

Herr Krause, der Entwurf sieht eine Internetplattform vor, auf der Heime ihre freien Plätze bekannt geben sollen. Ist das eine Lösung, um die anstehenden Probleme im Bereich der Versorgung zu lösen?
Martin Krause: Meiner Meinung nach ist es zwar ein guter Gedanke, ständig die freien Plätze in ein Portal einzustellen, um Angehörigen die Suche nach einem Heimplatz zu erleichtern. In der Praxis wird diese Lösung aber nicht funktionieren. Ich frage mich, wer in den Einrichtungen die Zeit hat, eine derartige Datenbank ständig aktuell zu halten. Wir haben derzeit eine hohe Nachfragesituation. Frei werdende Plätze werden meist innerhalb von ein bis zwei Tagen wiederbelegt. Die Datenlage hätte sich also relativ schnell geändert und wäre nicht mehr aktuell. Dies ist aber meine Sichtweise, es mag sein, dass Häuser mit mehr freien Kapazitäten von einer derartigen Datenbank profitieren. Für das DRK wäre dies derzeit kein Fortschritt.

Erst ehren- und dann hauptamtlich tätig

Dr. Martin Krause (Jahrgang 1973), kam in Wanne-Eickel zur Welt, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Im DRK war er zunächst ab 1993 ehrenamtlich tätig. Seit 2013 ist er Geschäftsführer.

Nach dem Studium der Biologie war er in Forschung und Lehre im Einsatz.

Als Vertreter eines Trägers von Altenhilfeeinrichtungen
beschäftigt sich Martin Krause seit mehreren Jahren mit aktuellen Themen der Pflegepolitik auf kommunaler und Bundesebene.

Pflegedienstleitungen in einer Einrichtung sollen nicht mehr gebunden sein an Vorgaben der Hausleitung. Das mag zwar die Arbeit vereinfachen, aber entstehen dadurch nicht neue Probleme?
Es kommt sehr darauf an, wie genau diese Weisungsfreiheit aussieht. Der grundlegende Gedanke ist ja, dass die Einrichtungsleitung sich primär um betriebswirtschaftliche Vorgänge, Ablauforganisation und Qualitätsmanagement kümmert. Die Pflegedienstleitung stellt die Qualität der Versorgung der Bewohner sicher. Wenn beide Leitungsebenen zusammenarbeiten, wird die Einrichtung davon profitieren. Die präzise Ausgestaltung wird spannend sein.

Wenn die Zahl von Doppelzimmern über das Maß von 20 Prozent hinausgeht, sollen die Zimmer an die Kurzzeitpflege vergeben werden. Ist das für Heime akzeptabel?
Vom Grundsatz her ja, weil es im anderen Fall zu Belegungssperren durch die zuständige Behörde kommt. Es kommt aber auf die Ausgestaltung an. Generell ist es gemessen an der Verweildauer des Kurzeitpflegegastes ein höherer Aufwand für die Einrichtung. Dem kann durch höhere Pflegesätze und niedrigere Belegungsvorgaben entgegengewirkt werden. Oft dient Kurzzeitpflege als Vorbereitung für den dauerhaften Aufenthalt in Pflegeeinrichtungen. Dies wird in diesen Fällen nicht möglich sein, der Gast muss nach der Kurzzeitpflege die Einrichtung verlassen, wenn kein stationärer Platz in einem Einzelzimmer frei wird.

Wie bewerten Sie es, dass die Überprüfungen der Seniorenheime neu geordnet werden soll?
Es ist sehr zu begrüßen, dass die Heimaufsicht Raumvorgaben und Strukturqualität prüfen und der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen für die pflegerische Versorgung zuständig sein soll. Damit entfallen Doppelprüfungen. Teilweise haben wir erlebt, dass beide Prüfinstanzen innerhalb einer Woche in der Einrichtung Regelüberprüfungen mit gleichen Inhalten durchgeführt haben. Dies bindet Personalressourcen und führt nicht zu einer besseren Versorgungssituation.


Das Gesetz befasst sich mit Strukturverbesserungen in den Heimen. Welche Möglichkeiten bestehen, um mehr Stellen zu schaffen und Personal zu gewinnen?
Das Wohn- und Teilhabegesetz macht in Ansätzen Aussagen, welche Voraussetzungen Personal für den Einsatz erfüllen muss, allerdings keine, wie ein Träger in die Lage versetzt wird, mehr Stellen zu schaffen oder zusätzliches Personal zu gewinnen. Das ist auch eine Frage der Bezahlung, es spielt ebenso eine Reihe anderer Aspekte wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gesundheitsmanagement oder Fortbildungen eine Rolle. Die positiven Aspekte des Berufsbildes sollten verstärkt hervorgehoben werden. Zudem brauchen wir klare Aussagen der Politik, wie die Pflegeausbildung künftig gestaltet sein soll.