Herne. . Sozialwissenschaftler Klaus Peter Strohmeier präsentiert die Ergebnisse einer Studie und ist „schockiert“. Rund 2000 Schüler nahmen teil.
Dass die Kinder in Herne nicht so zufrieden sind wie die in einem beschaulichen Dorf am Starnberger See oder in den kanadischen Bergen, dürfte der Sozialwissenschaftler Klaus Peter Strohmeier schon vor der Anfertigung seiner Studie geahnt haben. Dass die Ergebnisse über das Wohlbefinden an den Schulen und in den Wohnquartieren Hernes aber derart miserabel ausfallen, damit hatte auch der emeritierte Professor nicht gerechnet. „Ich bin schockiert“, sagte er bei der Präsentantion der Studie „UWE“ am Donnerstag in Eickel.
Fragebögen ausgefüllt
Schüler der siebten und neunten Jahrgänge hatten Fragebögen zu den Komplexen Umwelt, Wohlbefinden und Entwicklung ausgefüllt, nicht von ungefähr in dieser Stadt: „Herne und Gelsenkirchen gelten für mich als die ärmsten Kommunen in Nordrhein-Westfalen“, sagte der Wissenschaftler, der das 200 000 Euro-Projekt im Auftrag der Uni Bochum und gefördert von der Landesregierung durchführte.
Etwa zwei Drittel aller Schüler machten mit, rund 2000 waren es. Herausgekommen sind krasse Ergebnisse, die einen ebenso gravierenden Bedarf an mehr Arbeit mit Lehrern und Eltern an Schulen und ihren Umfeld erkennen lassen: 41 aller befragten Jungen und Mädchen aus dem Siebener-Jahrgang fühlen sich nicht wohl, missachtet, von Lehrern, Eltern und Mitschülern nicht anerkannt. Bei den Neuner-Schülern sind es sogar 44 Prozent. Nur 21 Prozent der Befragten stuften sich selbst als rundum zufrieden ein. In Kanada, wo eine derartige Studie seit Jahren Standard ist, komme man vergleichsweise auf 50 Prozent Zufriedenheit, so Strohmeier.
Große Unterschiede
Dabei gebe es – Namen nennt Strohmeier nicht – große Unterschiede zwischen Schulen und Stadtteilen. Das Wohlfühl-Spektrum hat eine Bandbreite von 30 bis 75 Prozent. Gefragt wurden die Schüler nach Ernährung, Schlaf und Familie, nach Schulerfahrungen, unterstützenden Beziehungen von Erwachsenen, Beziehungen zu Gleichaltrigen und zu organisierten Freizeitaktivitäten.
Konkret zum Beispiel: „Wenn du an eine normale Schulwoche denkst, an wieviel Tagen hast du ein Frühstück?“ Ergebnis: In Stufe 7 bekommen 22,4 Prozent der Kinder nie oder selten ein Frühstück, in Stufe 9 sind es stadtweit 31,6 Prozent, in manchen Vierteln sogar die Hälfte der Schüler, die hungrig zur Schule gehen.
Ganz besonders schockierend findet Strohmeier auch die Antwort auf die Frage „Gibt es an deiner Schule irgendwelche Erwachsene, die dir wichtig sind?“. Nur rund ein Drittel aller Befragten antworte hier mit „ja“.
Bildungs-, Jugend- und Kulturdezernentin Gudrun Thierhoff will in Schulen, aber auch in Kitas nach Maßnahmen suchen, wie man der sozialen Vereinsamung von Kinder entgegensteuern kann. Beim Thema Frühstück beispielsweise: In Kitas und Schulen könne man es gemeinsam zubereiten und gemeinsam einnehmen. Damit das zuhause vielleicht auch einmal geht – irgendwann.