Herne/Düsseldorf. Ein Gymnasium in Herne hat für muslimische Mädchen Burkinis für den Schwimmunterricht besorgt. Integrationspolitikerin kritisiert das scharf.

Das Pestalozzi-Gymnasium in Herne hat 20 Burkinis für den Schwimmunterricht mit muslimischen Schülern angeschafft. „Damit hat keiner mehr eine Ausrede, nicht am Unterricht teilzunehmen“, erklärte Schulleiter Volker Gößling (55) auf Nachfrage dieser Redaktion. Während es an der Schule selbst keine Kritik an dieser ungewöhnlichen Maßnahme geben soll, ist die Empörung bei vielen Lesern und unter Politikern deutlich.

Die NRW-Landesregierung übt scharfe Kritik an dem Herner Gymnasium. „Während in Saudi-Arabien Frauen für ein bisschen Freiheit ihr Leben riskieren, sollten wir nicht in Deutschland auf Burkinis für Mädchen setzen“, sagte Integrations-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) dieser Redaktion. „Ich halte dies für das absolut falsche Signal und für völlig falsch verstandene Toleranz. Es ist fatal vor allem aus emanzipatorischer Sicht“, fügte Güler hinzu.

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Zuletzt hatte Güler mit der Forderung eines Kopftuchverbotes in Schulen und Kitas in NRW für Aufsehen gesorgt.

Schulministerin nicht von Burkini-Angebot überzeugt

Auch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) geht auf Distanz. Zu den Aufgaben von eigenverantwortlichen Schulen gehöre es auch, vor Ort auf verschiedene Herausforderungen lebenspraktisch zu reagieren, „aber die Beschaffung von Burkinis gehört nicht zu den Grundaufgaben einer Schule“, stellte Gebauer klar. Generell verfolge die Landesregierung das Ziel, dass Schülerinnen und Schüler am Schwimmunterricht teilnehmen und sicher schwimmen lernen. Die Schulpflicht erstrecke sich auch auf den Schwimmunterricht. Ausnahmen für muslimische Mädchen würden nicht gemacht: „Es ist juristisch eindeutig geklärt, dass auch muslimische Schülerinnen dieser Verpflichtung zum Schwimmunterricht nachkommen müssen. Einen Anspruch auf geschlechtergetrennten Schwimmunterricht gibt es nicht“, erklärte die Ministerin.

Julia Klöckner: "frauendiskriminierendes Rollenverständnis"

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner reagierte ebenfalls und sagte: "Damit zementiert eine Schule ein frauendiskriminierendes Rollenverständnis an einem Ort, an dem Kinder und Jugendliche gerade das Gegenteil lernen und sich frei entfalten sollten. Gerade in Schulen müssen Mädchen und Jungen in einem gesunden Geschlechterbild und dem Gefühl der Gleichwertigkeit bestärkt werden."

Hinter der Vorstellung, dass Mädchen ihren Körper bedecken sollen, stecke ein voraufklärerisches, patriarchalisches Verständnis von der Rolle der Frau. Das sei vorauseilender Gehorsam und ein "Einknicken vor fundamentalisitischen Elternhäusern", so die Ministerin. "Wir sollten den Mädchen und jungen Frauen nicht aus falsch verstandener Toleranz in den Rücken fallen, das ist keine Toleranz, das ist vielmehr eine verhängnisvolle Ignoranz", unterstreicht Klöckner ihre Ablehnung gegen das Herner Burkini-Angebot.

Burkinis wurden im Schwimmunterricht benutzt

15 Schülerinnen hätten das kostenlose Angebot bereits genutzt. Ohne den figurumhüllenden Burkini wären sie wohl nicht mit den männlichen Mitschülern ins Becken gestiegen, heißt es.

Doch auch die Islamkritikerin Mina Ahadi hält die Bestellung für ein „sehr schlechtes Signal“. Durch den Druck von Eltern und das Verhalten der Schule „wird den Mädchen signalisiert: Wenn ich nicht den Burkini nehme, bin ich eine schlechte Muslimin und ein schlechter Mensch“. Die Schule hätte die Eltern aufzuklären versuchen sollen: „Dies hier ist Deutschland, hier sind Männer und Frauen gleichberechtigt.“ Sie kenne aber auch viele muslimische Eltern, die „dafür sind, dass ihre Tochter im Bikini schwimmen lernt“.

Der Integrationsratsvorsitzende der Stadt Herne, Muzaffer Oruc, begrüßt dagegen den Schritt des Gymnasiums. „Wenn junge Frauen aus Glaubensgründen nicht mit Männern schwimmen wollen, muss man das akzeptieren.“ Er hält die Anschaffung von Burkinis für Schülerinnen ab der Pubertät deshalb für sinnvoll. Schulen sollten „kultursensibel“ handeln. „Wenn die Schüler fern bleiben, ist das auch keine Integration.“ (mk/sat/kpo)

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