Herne. . In der ehemaligen Zentrale der Ruhrkohle AG tut sich etwas: Das Herner Unternehmen Enitec ist erster neuer Mieter am Shamrockring.
Das ehemalige Gelände der Ruhrkohle AG (RAG) am Shamrockring ist auch nach dem Wegzug des Unternehmens immer noch so etwas wie eine verbotene Stadt. Wer es betreten möchte, muss sich erst beim Pförtner anmelden (warum eigentlich?). Betritt man das weitläufige Areal, entfaltet sich ein etwas eigentümlicher Eindruck.
An zahlreichen Stellen finden sich noch Hinweise auf die RAG. Bis auf einige wenige Mitarbeiter des Kohlekonzerns sind die stattlichen Bürogebäude verlassen - doch an einer Stelle ist bereits wieder Leben eingezogen. Die Enitec GmbH hat sich in der sechsten Etage von Haus 4 eingerichtet. Sie ist nach der Übernahme der ehemaligen Konzernzentrale durch die Essener FAKT AG der erste neue Mieter.
Enitec ist keinesfalls neu in der Stadt, es hatte zuvor seinen Sitz in der Jahnstraße. Dass das Unternehmen den allermeisten Hernern unbekannt sein dürfte, liegt an der Tatsache, dass es sich um einen Industriedienstleister handelt. Enitec bietet Leistungen in der Anlagenmontage, Schweißtechnik sowie die Wartung und Revision von großen Anlagen in der Energie- und Chemiebranche. Das heißt: Von den rund 100 Mitarbeitern sind die allermeisten vor Ort auf den Anlagen. Geschäftsführer Markus Ungebauer kommt am Shamrockring mit einer äußerst schlanken Verwaltung aus – mit nur fünf Mitarbeitern führt er die Geschäfte.
Konzentration auf Öl- und Chemiebranche
„Ich bin seit 34 Jahren im Bereich des Kessel-, Anlagen- und Rohrleitungsbaus unterwegs“, erzählt der 54-jährige gebürtige Herner. Diese Erfahrungen an unterschiedlichen Stellen und in unterschiedlichen Führungspositionen haben ein Netzwerk wachsen lassen, das jetzt dem Unternehmen zugute kommt.
Stand zunächst der Energiebereich - also konventionelle Kraftwerke - im Fokus, so hat sich Ungebauer vor dem Hintergrund der Energiewende stärker auf die Öl- und Chemiebranche konzentriert. Die Liste der Projekte und Referenzen ist umfangreich.
Erfolg in umkämpfter Branche
Im belgischen Antwerpen baut Enitec eine neue Anlage in einer Raffinerie, für den Werkstoffhersteller Covestro ist das Herner Unternehmen in Brunsbüttel aktiv, in Österreich führt ein Enitec-Team die Revision eines Kraftwerkskessels durch. In Ungarn steht der Bau einer neuen Anlage bevor, dort sind nach Angaben von Ungebauer rund 10 000 Tonnen Rohrleitungen zu verbauen - eine Aufgabe, an der sich der Herner Spezialist beteiligen möchte. Ungebauer bezeichnet sein Unternehmen als „verlängerte Werkbank der Anlagenbauer“.
Enitec bewegt sich in einer durchaus umkämpften Branche - und kann sich dort offenbar bestens behaupten. „Wir sind sehr gut ausgelastet“, sagt Ungebauer. Dass ein Aufragsbuch im Voraus so voll ist, ist in diesem Geschäftsfeld ungewöhnlich. Ungebauer erklärt dies mit der hohen Flexibilität und Kompetenz seines Unternehmens. Die Qualität, Effizienz und Zuverlässigkeit der Arbeit entscheide inzwischen wieder über die Auftragsvergabe. Und da liefere Enitec zuverlässig und professionell. Der Hauptkunde Bilfinger ist Ungebauer seit Jahren treu, ebenso wie andere namhafte Konzerne. Diese Zuverlässigkeit spiegele sich auch in einer Zahl: Seit fünf Jahren habe es keinen Arbeitsunfall mehr gegeben.
Wenn Ungebauer aus dem Fenster im sechsten Stock schaut, sieht er gleich zwei mögliche Neukunden. So bietet Enitec eine Vielzahl von Leistungen an, die Ineos am Produktionsstandort in Herne gebrauchen kann. Erste hoffnungsvolle Kontakte sind bereits geknüpft. In der Ferne ragt das Steag-Kraftwerk in die Höhe. Ungebauer hofft, beim Neubau des Gaskraftwerks zum Zuge zu kommen.
Mit Qualifzierung gegen den Fachkräftemangel
Trotz der guten Auftragslage hat Enitec ein Problem, das andere Unternehmen ebenfalls plagt: Fachkräftemangel.
„Ich kann sofort mindestens 20 qualifizierte Schweißer anstellen, doch die finde ich nicht,“, sagt Geschäftsführer Markus Ungebauer. Einer der Gründe: Die Bereitschaft, für mehrere Monate „auf Montage“ zu gehen und fern vom Zuhause zu verbringen, sei rapide gesunken.
Ungebauers Ausweg lautet: Qualifizierung. Dafür ist bereits in Kooperation mit der FAKT AG ein Bildungsträger in Gründung. Schon in diesem Sommer soll er seine Arbeit am Shamrockring aufnehmen.