Herne. . 22 Schüler und zwei Lehrer der Erich-Fried-Gesamtschule besuchten das ehemalige Vernichtungslager Auschwitz. Teilnehmer berichten.
Kein Lachen, nicht einmal ein Lächeln: Gesichter voller Betroffenheit sind es auf den Fotos, die sich Mara Völkel, Rebekka Springwald, Joana Sorge und Gisele Owsianny in der Erich-Fried-Gesamtschule anschauen. Es sind ihre eigenen Gesichter beim Besuch des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau in Polen – dort, wo während der NS-Zeit weit über eine Million Juden umgebracht wurden, in den Gaskammern, deren Überreste heute noch zu sehen sind.
Alle zwei Jahre reisen geschichtsinteressierte Schüler der EFG nach Krakau, um sich dem finstersten Kapitel deutscher und europäischer Geschichte zu widmen. Um zu lernen, wie es zum millionenfachen Mord an Mitbürgern kommen konnte, um (be-)greifbar zu machen, zu welchen Grausamkeiten der Mensch fähig sein kann, wenn er intolerant ist, wenn er andere Menschen verachtet, ja: hasst.
22 Schüler und zwei Lehrer nahmen in diesem Jahr teil. Das Interesse an der Studienfahrt war groß, weit über 80 Schüler bewarben sich. Das Los musste am Ende entscheiden. Gesponsert wurde die Reise von der Bethe-Stiftung, den Rest mussten die Schüler aus eigener Tasche finanzieren. Ein straffes und anstrengendes Programm erwartete die Gruppe in Krakau, wo sie sich gleich nach der Anreise das jüdische Viertel Kazimierz mit der alten Synagoge und dem jüdischen Friedhof anschaute. Fast das gesamte Programm hatte mit dem Holocaust zu tun oder den Lehren daraus, sogar ein Rockkonzert mit Bands aus mehreren Ländern und dem Hintergrund: Begegnung und Völkerverständigung.
Abgeschnittenen Haare, herausgebrochene Zähne
Die Tour war im Geschichtsunterricht vorbereitet worden, richtig beeindruckend wurde aber erst die Vertiefung der Kenntnisse vor Ort. Zunächst sei das Vernichtungslager gar nicht so erschreckend empfunden worden wie erwartet, berichtet Mara Völkel: „Das Wetter war schön, blauer Himmel, der erste Eindruck wirkte regelrecht friedlich“, erinnert sich Mara Völkel. Auch sei es anfangs schwierig gewesen, sich zu konzentrieren und zu besinnen: „Es waren viele Touristen da, es herrschte Kirmesatmosphäre.“
Doch dann, an den Orten, wo das Grausame greifbar wurde, dort, wo die abgeschnittenen Haare, die herausgebrochenen Zähne der Opfer ausgestellt waren, kam das Innehalten: „Da vergisst man all den Trubel um sich herum“, sagt Joana Sorge.
Fotos von Ermordeten
„Mich haben die tausenden Fotos von Ermordeten, die an den Wänden der langen Gänge hängen, am meisten beeindruckt, aber erst beim zweiten Hinsehen, als ich Details entdeckte und merkte: Jedes Foto steht für ein Einzelschicksal“, bilanziert Lehrer Carsten Piechnik. In zwei Jahren plant er die nächste Auschwitz-Fahrt, eine Reise, die den Schüler im Gedächtnis eingebrannt bleiben wird. So wie die von seinen Peinigern eintätowierte Nummer, die ein ehemaliger Gefangener bis heute trägt und an seinem entblößten Unterarm zeigte.