Herne. . Eine Schwerstbehinderte aus Herne stürzte, weil der Bus anfuhr. Dabei wurde sie schwer verletzt. Warum sie keinen Schadensersatz bekommt.
Der Fahrer eines Linienbusses darf anfahren, bevor ein Schwerbehinderter Platz genommen hat. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm. Hintergrund ist ein Fall aus Herne: Eine Frau stürzte und verlangte Schmerzensgeld – vergeblich.
Nach Angaben des Gerichts stieg die damals 60-jährige im April 2016 in Herne in einen Bus. Dabei präsentierte sie dem Fahrer ihren Schwerbehindertenausweis mit dem Markenzeichen „G“. Sie sei wegen eines Hüftschadens zu 100 Prozent schwerbehindert. Die Frau, die den Fahrer nicht um eine besondere Rücksichtnahme gebeten und auch keinen Gehstock benutzt habe, sei durch den Bus gegangen.
Durch den Bus gegangen
Sie habe also nicht auf dem Platz hinter dem Fahrer, der für Schwerbehinderte ausgewiesen sei, oder auf einen anderen nahen Sitz Platz genommen. Bevor sie sich setzen konnte, sei der Bus dann angefahren. Hierbei stürzte die 60-Jährige und zog sich einen Oberschenkelbruch zu, teilte ein Gerichtssprecher am Freitag mit.
Wegen ihrer Verletzungen hat die Hernerin Schadenersatz verlangt – Schmerzensgeld in Höhe von 11 500 Euro und Geld für eine Haushaltsführung von rund 4000 Euro. Der Busfahrer hätte wegen des Vorzeigens ihres Schwerbehindertenausweises mit den Anfahren warten müssen, bis sie Platz genommen habe, argumentierte sie. Das muss er nicht, urteilte nun das Oberlandesgericht und bestätigte damit eine Entscheidung des Landgerichts Bochum in erster Instanz.
Schnell sicheren Stand verschaffen
Ein Fahrgast müsse sich, so der Senat, nach dem Zustieg in Bus & Bahn einen sicheren Stand oder Sitzplatz verschaffen. In diesem Fall habe die Hernerin „gegen ihre Obliegenheit zur Eigensicherung verstoßen“ urteilten die Richter. Sie habe also keinen Platz im Einstiegsbereich eingenommen und sich beim Anfahren nicht festgehalten. Ein Verschulden des Busfahrers sei deshalb nicht festzustellen. Mehr noch: Von einem Busfahrer, der auf andere Verkehrsteilnehmer und Fahrtsignale zu achten habe, sei regelmäßig nicht zu verlangen, dass er zugestiegene Fahrgäste besonders im Blick behalte.