Herne. . Annelie Ringmann-Gogolla geht mit dem Projekt „Sei du selbst“ in Schulen. Wie Mädchen ab 14 Jahren lernen, auch mal Nein zu sagen.

Sie sind 14 oder 15 und werden geschlagen, gestalkt oder psychisch unter Druck gesetzt - vom eigenen Freund. Dass bereits in den ersten Beziehungen Gewalt eine Rolle spielen kann, ist bei „Schattenlicht“ bekannt. Immer wieder wenden sich Mädchen oder Schulsozialarbeiterinnen an die Beratungsstelle, die froh ist, dem Problem jetzt mit einer Präventionskraft begegnen zu können. Annelie Ringmann-Gogolla heißt die neue Kollegin, und sie bereitet sich momentan darauf vor, in Schulen mit Mädchen zu arbeiten, damit diese gar nicht erst in Abhängigkeitsbeziehungen geraten oder sich daraus befreien können.

„Schattenlicht“ hat halbe Stelle für Prävention

Antonie Brieske, Annelie Ringmann-Gogolla und Susanne Wormuth (v.l.)  in der Frauenberatungsstelle „Schattenlicht
Antonie Brieske, Annelie Ringmann-Gogolla und Susanne Wormuth (v.l.) in der Frauenberatungsstelle „Schattenlicht".

Seit September erfreut sich die Beratungsstelle „Schattenlicht“ ihrer zusätzlichen halben Stelle mit dem Schwerpunkt Prävention. Annelie Ringmann-Gogolla (36) hat erst einmal ein Konzept erarbeitet, damit will sie jetzt in die Schulen gehen. Einige haben sich schon interessiert an einer Zusammenarbeit gezeigt. „Es geht darum, die Mädchen zu stärken“, erklärt die Sozialwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Soziale Arbeit aus Haltern.

Vier Module für jeweils zwei bis drei Stunden hat sie für das Präventionsprojekt „Sei du selbst“ für Mädchen ab 14 Jahren entwickelt. Sie werden idealerweise eins nach dem anderen durchlaufen, sind aber auch einzeln buchbar. In Modul 1 geht es um die Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen („Wer oder was tut mir gut und was nicht?“). Modul 2 fragt danach, was eine gute Beziehung ausmacht. Ressourcenarbeit nennt sie Modul 3: „Was kann ich gut?“ lautet hier die zentrale Frage. In Modul 4 geht es schließlich um Körperwahrnehmung und Körperbewusstsein. Dass Körpersprache eingesetzt werden kann um Grenzen aufzuzeigen, sollen die Mädchen hier erleben. Damit das alles nicht nur nach Arbeit schmeckt, bekommt jedes Mädchen eine „Schatzkiste“: Die wird kreativ gestaltet und nach und nach mit „Glückskarten“ gefüllt.

Nicht gewohnt, Nein zu sagen

Dass das neue Angebot eine Lücke füllt, steht für Antonie Brieske von „Schattenlicht“ außer Frage. Sie weiß, wie schon junge Mädchen von gleichaltrigen Jungen „manipuliert und unter Druck gesetzt werden“, mit Ansagen wie „Du verlässt das Zimmer nicht“ oder „Du gehst nicht mit deinen Freundinnen weg“. Ihre Kollegin Susanne Wormuth berichtet, dass manche Mädchen „keine Ahnung haben, wo normale Grenzen sind und dass man Nein sagen darf.“ Kein schichtenspezifisches Problem, sagen die Mitarbeiterinnen. Oft nähmen die Mädchen den Partner noch in Schutz: „Aber der liebt mich!“ ist eine viel gehörte Aussage. „Eifersucht gilt als Liebesbeweis“, sagt Susanne Wormuth, und „Überwachung wird als Interesse verstanden“, weiß Antonie Brieske. Sie möchten, dass die Mädchen sensibel werden und merken, wenn jemand sie nicht gut behandelt.

Loslegen kann Annelie Ringmann-Gogolla auf Wunsch sofort. Am liebsten ist es ihr, wenn ihre Module verpflichtend im Unterricht behandelt werden, weil dann alle daran teilnehmen. Für die Schulen ist das Angebot kostenlos.

>>> KAMPAGNE „STARK FÜR FRAUEN“

Die 51 nordrhein-westfälischen Frauenberatungsstellen haben kürzlich über ihren Dachverband eine Kampagne gestartet. „Stark für Frauen“ heißt sie, und sie will über die Unterstützungsangebote der Einrichtungen informieren.

Sechs Postkartenmotive weisen auf Hilfsangebote hin. „Damit Anna nach dem sexuellen Übergriff ihr Leben wieder in die Hand nehmen kann“ ist ein Motiv überschrieben, „Damit Shirin nicht gegen ihren Willen verheiratet wird“ ein anderes. Neben sexualisierter Gewalt und Zwangsheirat sind auch körperliche und digitale Gewalt, Stalking oder Essstörungen Themen der Beratungsstellen.