14 Studierende der Dortmunder Fachhochschule haben die Ausstellung „Tach auch!“ im Heimatmuseum realisiert. Was sie in Herne spannend fanden.

Wenn Ortsfremde sich in einer Stadt umgucken, sehen sie oft andere Dinge als die hier Lebenden. Sie entdecken in Wanne-Eickel das fast ausgestorbene Handwerk des Kürschners oder die Ästhetik leerer Lehrschwimmbecken. Schauen so lange in alte Spielekonsolen, bis sich die Menschen in Lichtern und Farben fast auflösen. Aber - wir sind im Ruhrgebiet! - auch Kleingärtnern, Imkern und Taubenzüchtern sind 14 Dortmunder Fotostudenten und -studentinnen begegnet. Für ihr Projekt „Tach auch!“ sind sie tief eingetaucht in den Alltag Hernes. Eine Auswahl ihrer sehenswerten Bilder hängt jetzt im Heimatmuseum Unser Fritz.

Ganze Geschichten hinter den Fotos

Eva-Maria Escosa-Jung mit ihren Fotos unter dem Titel „Sofia“.
Eva-Maria Escosa-Jung mit ihren Fotos unter dem Titel „Sofia“.

Ganze Geschichten stecken hinter den Abzügen, die es in zwei Räumen des Museums an die Wände geschafft haben. Die Geschichte von Sofia zum Beispiel, die in Röhlinghausen mit 80 Jahren noch jeden Tag im Alex-Grill steht, wie seit 42 Jahren. Für Eva -Maria Escosa-Jung ist die Griechin so etwas wie eine „Ersatz-Oma“ geworden. Die Studentin lebt selbst in Röhlinghausen und kannte Sofia vom gelegentlichen Pommeskauf. „Sie ist mir als Mensch wichtig geworden“, sagt sie. Deshalb hat sich die Fotografin für das klassische Porträt entschieden. Ein Video mit Handgriffen wie zum Beispiel Zwiebelschneiden ergänzt die Fotos, zusätzlich fängt eine Blumendeko aus dem Grill dessen Atmosphäre ein.

Objekte ergänzen die Fotoas an der Wand

Jennifer Nowaks Fotos von den Orks.
Jennifer Nowaks Fotos von den Orks.

Auf ähnliche Weise fügen auch andere Studenten Objekte aus der realen Welt ihren Fotos hinzu. Ein aufwändig gestaltetes „Ork“-Kostüm der gleichnamigen Live-Rollen-Spieler hat Jennifer Nowak sich ausgeliehen, die Schwimmbad-Fotos ergänzt ein Original Start-Block aus dem geschlossenen Wanner Hallenbad. Geräusche von Spielkonsolen kann der Betrachter an der Wand von Leonie Scheufler abrufen. Einen ungewöhnlichen Zugang zum Thema fand auch Karim Happel. Er hat eine 93-jährige Frau kennengelernt, Mathilde, die mit ihm lange sprach und ihm alte Fotos überließ, die er mit verwandte. Alle Studierenden haben außerdem Fotobücher gestaltet, die in der Ausstellung ausliegen. „Die Leute waren sehr offen“, hat nicht nur Wilko Meiborg festgestellt, dessen Interesse für den Taubensport über ein Futtersilo am Kanal geweckt wurde. Dass es am Kanal auch für Herner noch etwas zu entdecken gibt, beweist die Arbeit von Oskar Schlechter. Er traf am Herner Meer Lkw-Fahrer, die sich die Zeit mit Kochen und Bootfahren vertrieben.

Wilko Meiberg mit seinen Fotos „Gut Flug“.
Wilko Meiberg mit seinen Fotos „Gut Flug“.

Für Museumsleiter Oliver Doetzer-Berweger passen die Bilder mit ihrem „sozialdokumentarischen und künstlerischen Blick auf die Menschen“ perfekt zum Heimatmuseum. Auch Reiner Doppel freute sich als Vertreter der Kulturinitiative über die Ergebnisse: „Sensationell“, was Bilder wie Präsentation betreffe. Der Zusammenschluss Herner Unternehmer hatte das Projekt mit 5000 Euro gesponsert. Für einen Teil des Geldes sollen noch Preise vergeben werden.

Engagiert über das Semester hinaus

Von einem „extrem intensiven Kurs“ sprach Kai Jünemann, der als Dozent an der Fachhochschule das Projekt zusammen mit dem Fotografen Thomas Schmidt (Stadt Herne) betreut hatte. Das Projekt sei über das Sommersemester 2017 hinaus mit der Gestaltung der Bücher, des Kataloges und der Wände engagiert fortgesetzt worden. Dass sich seine Studenten in der dicht besiedelten Stadt Herne nicht ins Gedränge begeben haben, sondern eher kleineren Gruppen zuwandten, wundert ihn nicht. Die Fotos würden „persönlicher, wenn sie auf das Individuum eingehen“.

>>> INFOS ZUR ERÖFFNUNG

„Tach auch!“ wird am Donnerstag, 1. Februar, um 19 Uhr im Heimatmuseum, Unser-Fritz-Straße 108, eröffnet.

Gezeigt werden 14 fotografische Positionen von Jana Zünkeler, Aleksandra Vidyakina, EvaMaria Escosa-Jung, Karim Happel, Nina Brinkmann, Christian Huhn, Lukas Zander, Tim Brederecke, Cornelius Mühlbach, Wilko Meiborg, Janna Knieriemen, Oskar Schlechter, Leonie Scheufler und Jennifer Nowak.