herne. . Eine Neuauflage der GroKo stieß beim Thekengespräch der SPD Röhlinghausen auf breite Ablehnung. Verärgerte Genossen machten ihrem Herzen Luft.

Unentschieden 25:25 endet am Mittwochabend der EM-Krimi der deutschen Handballer gegen Mazedonien, das in der Lokalität Schacht V live auf zwei Flachbildfernsehern zu sehen ist. In der parallel stattfindenden Diskussion des SPD-Ortsvereins Röhlinghausen über einen Eintritt in eine Große Koalition ist die Sache eindeutiger: Ein Bündnis mit der CDU/CSU stößt bei dieser Spezial-Ausgabe des Herner SPD-Formats „Thekengespräche“ auf massive Zweifel bis hin zu strikter Ablehnung.

Der Eickeler SPD-Bezirksverordnete Heinz Gers formuliert es in der emotionalen 90-minütigen Debatte so: „Nach der verlorenen Wahl hieß es: Wir müssen uns erneuern. Und jetzt machen wir den ganzen Kack noch einmal? Müssen wir uns denn plötzlich nicht mehr erneuern?“

Hadern mit dem Sondierungspapier

Mit dieser strikten Ablehnung einer neuerlichen GroKo ist Gers in der Kneipe an der Edmund-Weber-Straße in guter Gesellschaft – ist diese Fraktion doch in dem Thekengespräch klar in der Mehrheit. „Die Mitglieder wollen das nicht“, sagt der Wanner Bezirksverordnete Frank Salzmann. Merkel und die Union würden die SPD in einer GroKo „überfahren“.

Ein Genosse aus Bickern hadert mit dem Sondierungspapier von Schwarz-Rot: „Daraus geht nicht hervor, was wir künftig anders machen wollen.“ Es mangele an einer zentralen Botschaft, „einer übergreifenden Klammer“.

Der Ruf nach Rücktritt der SPD-Spitze Martin Schulz und Andrea Nahles wurde beim Thekengespräch in Schacht V laut.
Der Ruf nach Rücktritt der SPD-Spitze Martin Schulz und Andrea Nahles wurde beim Thekengespräch in Schacht V laut. © imago stock

Mehr als einmal wird in Schacht V auch die Parteispitze und insbesondere der SPD-Vorsitzende in Frage gestellt. „Schulz hat sein Gesicht verloren“, sagt ein SPD-Mitglied. Dem Parteichef und auch Fraktions-Chefin Andrea Nahles legt er den Rücktritt nahe. Die Partei habe längst ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Mit seinem Appell, erst mal in Ruhe über eine Koalition zu verhandeln, steht ein ältererer Genosse ziemlich alleine da. Er kritisiert zudem die an der Spitze der Anti-GroKo-Bewegungen stehenden „Berufs-Jusos“: „Mit einem Wahlergebnis von 20 Prozent kann ich nun mal nicht die Politik bestimmen.“

Bollmann beklagt Vertrauensverlust

Ortsvereins-Chef Hendrik Bollmann und Ratsfrau Manuela Lukas machen aus ihrer persönlichen Ablehnung des Sondierungsergebnisses und einer Großen Koalition ebenfalls keinen Hehl, bringen aber auch einige Grautöne in die Debatte ein. „Die SPD soll Koalitionsgespräche aufnahmen. Dann sollen die Mitglieder entscheiden“, sagt Lukas.

Ihr Ratskollege Bollmann führt in seiner umfassenden Analyse des Sondierungspapiers viele negative Punkte an. „Darin ist viel von ,Wollen’ die Rede.“ Das Vertrauen der Basis in die Parteispitze sei nach der letzten GroKo gesunken. Der Herner SPD-Vize hebt aber grundsätzlich hervor, dass Diskussionen wie die des Ortsvereins in Schacht V und die Beteiligung von Parteimitgliedern und Bürgern an der Entscheidungsfindung demokratiefördernd seien.

Zumindest an diesem Abend hält sich das Interesse von parteilosen Bürgern in Grenzen. An der Diskussion beteiligen sich (fast) nur Genossen. Die „normalen“ Schacht V-Gäste setzen andere Prioritäten: Sie nehmen statt der GroKo die Dartsscheibe ins Visier.

INFO: Vogt und Müntefering beim Bundesparteitag

Am heutigen Freitagabend will die Herner SPD mit ihren Mitgliedern noch einmal über eine Große Koalition mit der CDU/CSU im Bund diskutieren. Die Veranstaltung in der Lokalität Zille im Kulturzentrum findet allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Beim Bundesparteitag am Sonntag in Bonn werden Parteichef Alexander Vogt und die Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering die Herner SPD als Delegierte vertreten.