Herne. In den Supermärkten, die an Heiligabend geöffnet haben, herrscht viel Andrang. Die Mitarbeiter haben aber kein Problem mit der Extra-Schicht.
Sie hatte in den vergangenen Wochen für viele Diskussionen gesorgt: die Öffnung der Supermärkte an Heiligabend. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte gegen die vierstündige Öffnung gewettert, nachdem in zahlreichen Städten Märkte angekündigt hatten, zwischen 10 und 14 Uhr ihr Türen zu öffnen. Die WAZ schaute sich in Wanne-Eickel um.
Richtig Rummel im Rewe-Markt
Verdi-Sekretär Michael Sievers hatte die Öffnung vor einigen Wochen als „verrückte Idee“ bezeichnet. Sollte er auf eine Abstimmung der Kunden mit Füßen gehofft haben, so hätte Sievers diese Abstimmung bereits um 10 Uhr krachend verloren. Zu diesem Zeitpunkt herrscht bereits richtig Rummel bei Rewe Mokanski an der Dorstener Straße in Holsterhausen, auf dem Parkplatz sind nur wenige Plätze frei. Im Laden das gleiche Bild. Fünf von sechs Kassen sind geöffnet, sie „klingeln“ quasi durchgehend.
Zu jenen Kunden, die die Gelegenheit zum Einkauf an Heiligabend nutzen, gehört Jörn Berg. Er kommt mit einer handvoll Sachen aus dem Geschäft. Unter anderem hat er Leberwurst fürs Kind gekauft. Dass er sie erst an Heiligabend geholt habe, habe folgenden Grund: Am Samstag sei die Schlange an der Fleisch- und Wursttheke so lang gewesen, dass er keine Lust hatte zu warten. Außerdem habe er jetzt ganz frische Leberwurst.
Viele Mitarbeiter haben sich freiwillig gemeldet
Die lange Schlange am Samstag bestätigt Susanne Francke. Sie ist eine der Mitarbeiterinnen an der Fleisch- und Wursttheke. Nun ist der Betrieb übersichtlich. Einige Kunden holen ihre Bestellungen ab - auch hier spielt Frische wohl eine Rolle. Francke ist Teilzeitkraft. Sie habe überhaupt kein Problem damit, an Heiligabend zu arbeiten, erzählt sie im Gespräch mit der WAZ. Sie habe sich freiwillig gemeldet - wie alle Mokanski-Mitarbeiter an den beiden Wanner Standorten. Der Chef sei beim Lohn sehr großzügig - Rewe zahlt den dreifachen Tageslohn. Francke erzählt, dass das Kind groß sei und zu Hause alles für die Bescherung vorbereitet sei. Zu Hause habe sie noch Zeit für einen Kaffee.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei Edeka Gronemann in Eickel - auch wenn der Andrang nicht ganz so stark ist. Bei den Mitarbeiterinnen an der Käse-, Wurst- und Fischtheke herrscht ebenfalls gute Laune. Arbeit? „Alles kein Problem, wenn alles gut organisiert ist und das Betriebsklima stimmt“, sagt Bettina Skiba. Und das Betriebsklima stimme - betonen Skiba und ihre Kolleginnen. Auch sie sind alle freiwillig dabei.
Nur Lebens- und Genussmittel im Verkauf
Inhaber Jens Gronemann erzählt, dass weit mehr Mitarbeiter Interesse hatten zu arbeiten als er unterbringen konnte. Einer der dabei ist, ist Patrick Felbel. Er hat die Diskussion um die Öffnung selbstverständlich verfolgt, und er hat eine klare Meinung: „Ich kann es verstehen, wenn dieser Tag der Familie gehören soll, aber wenn mich keiner zwingt und ich es gerne mache, sollte es meine Entscheidung sein.“ Darüber hinaus sei der Chef sehr großzügig.
Jens Gronemann lässt im Gespräch durchblicken, dass sich die Öffnung betriebswirtschaftlich womöglich nicht lohnt, unter dem Strich sei es wohl Dienst am Kunden. Gronemanns Credo: „Hauptsache, der Kunde ist zufrieden.“
Sowohl Edeka als auch Rewe weisen mit sichtbaren Aushängen darauf hin, dass es laut Gesetz nur erlaubt sei, Lebens- und Genussmittel zu verkaufen. Darauf habe Verdi „auf den letzten Drücker“ nochmal hingewiesen, so Gronemann.
Zu viele Mitarbeiter wollten Heiligabend arbeiten
Etwas ruhiger geht es gegen 11 Uhr beim Rewe an der Hauptstraße zu. Doch der Eindruck täusche, so Marktleiterin Maria Schranner. Die ersten Kunden hätten um 9 Uhr in den Markt kommen wollen. Auch sie berichtet von einer hohen Bereitschaft in der Belegschaft, an Heiligabend zu kommen. Die Liste, die bereits im August ausgelegen habe, sei nach zwei Tagen voll gewesen, einige Kollegen hätten gar keine Chance gehabt, sich einzutragen.
Der große Gewinner in der Diskussion um die Öffnung hätte die Aral-Tankstelle an der Holsterhauser Straße sein können - denn sie darf mit dem integrierten Rewe-to-go sowieso öffnen. Trotz der Mitbewerber ist sie aber kein Verlierer. Es sei mehr Betrieb als sonst an Sonntagen, erzählt eine Mitarbeiterin. Einige hätten Last-Minute-Geschenke wie Pralinen oder Tank-Gutscheine gekauft, andere letzte Zutaten wie Eier oder Mehl.