Corinna Schönwetter ist empört über das Schlecker-Urteil. Warum sie das so sieht und wie es ihr seither ergangen ist, erzählt sie der WAZ.
Fünf Jahre ist es jetzt her, dass die Drogeriekette Schlecker Insolvenz anmeldete und fast 25 000 Mitarbeiterinnen ihre Jobs verloren. Nicht nur der schlechte Umgang mit den Mitarbeitern sorgte für Unmut. Auch die Tatsache, dass Firmenchef Anton Schlecker Millionen beiseite schaffte, als die Pleite schon absehbar war, erhitzte und erhitzt heute noch die Gemüter. Acht Monate lang wurde im Landgericht Stuttgart die Frage verhandelt, wann Schlecker die drohende Zahlungsunfähigkeit hätte erkennen müssen und infolgedessen dem Unternehmen keine Vermögenswerte mehr hätte entziehen dürfen. Die WAZ hat mit Corinna Schönwetter, einer sogenannten Schlecker-Frau, über das am Montag verkündete Urteil gesprochen.
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Während Anton Schlecker lediglich eine Strafe auf Bewährung erhielt, wurden seine Kinder zu Haftstrafen verurteilt. „Ob das Urteil gerecht ist, weiß ich nicht. Aber dafür, dass zigtausende Frauen in die Arbeitslosigkeit geschickt worden sind, kann es gar nicht gerecht sein“, sagt Corinna Schönwetter, die seit 2014 Stadtverordnete der Linken ist. „Viele haben da jahrelang gearbeitet und sich den Buckel krumm gemacht“, kritisiert die 49-Jährige, „und der Hauptakteur muss nicht ins Gefängnis.“
Aber vielleicht sei es für Anton Schlecker schlimmer, dass nun seine Kinder ins Gefängnis müssen – auch wenn sie immer noch Berufung einlegen könnten. Auch das sagt Schönwetter: Es sei eine Unding, dass ein eingetragener Kaufmann in Deutschland so ein riesiges Unternehmen leiten könne, ohne dass ihm jemand in die Karten schaue. „Ich weiß gar nicht, wie man so etwas bestrafen sollte.“
Schon vorher zwei Mal gekündigt
16 Jahre hat Corinna Schönwetter bei Schlecker gearbeitet, war im Betriebsrat. Ihr letztes Gehalt habe sie zwar bekommen. Sie warte aber heute noch auf knapp 15 000 Euro brutto, die ihr angesichts der sechsmonatigen Kündigungsfrist zustehen. Zwei Mal hatte sie bereits vor der Insolvenz die Kündigung erhalten. „Immer aus fadenscheinigen Gründen, ich war im Betriebsrat und deshalb unangenehm“, erklärt sie. Beide Male sei sie vor Gericht gegangen und habe gewonnen.
„Beim zweiten Mal haben sie mich noch die Waren fertig ausräumen lassen, mir dann die Schlüssel abgenommen und nach Hause geschickt. Unmöglich.“ Angeblich hätten sich Kunden über sie beschwert. Auch hätten die Mitarbeiter unter großem Druck gestanden, der Umgang sei schlecht gewesen. Von der Insolvenz habe sie über Freunde erfahren. Warum sie trotzdem geblieben ist? „Die Arbeit hat mir Spaß gemacht und ich hatte nette Kolleginnen. Wir waren ein eingespieltes Team.“
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Mit einigen habe sie bis heute Kontakt. Viele seien in Hartz IV gerutscht oder hätten immer nur befristete Stellen gehabt. Von den ehemaligen Kolleginnen habe kaum eine nach der Pleite wieder eine feste, dauerhafte Anstellung gefunden. „Vor allem wenn man überlegt, dass sich die Frau von Anton Schlecker vor einigen Monaten quasi von ihrer Strafe freigekauft hat, kann man nur empört sein“, sagt sie.
Auch Corinna Schönwetter erging es nicht anders als vielen ihrer Kolleginnen. „Ich hatte einige befristete Stellen im Einzelhandel. Der letzte Vertrag lief bis zum 31. Oktober bei Edeka. Zwischendurch hatte ich immer wieder 450-Euro-Jobs.“
Wie viele Bewerbungen sie seit 2012 schon geschrieben hat, könne sie nicht mehr zählen. Und jetzt mache auch noch ihr Körper Probleme. „Meine Knie sind hin, vermutlich kann ich gar nicht mehr im Einzelhandel arbeiten.“ Die ehemalige Schlecker-Frau denkt über Umschulungen oder Fortbildungen nach.