Herne. . Das Verfahren zur umstrittenen Erweiterung der Abfallbehandlungsanlage Südstraße steht vor dem Abschluss. Warum es weiterhin Proteste gibt.
- Genehmigungsverfahren zur Erweiterung der Abfallbehandlungslage Suez an Südstraße steht vor Abschluss
- Proteste gegen Ausbau der Kapazitäten bei Bürgern und Politikern hält an; Gesundheitsgefahren befürchtet
- Suez kündigt an, künftig wohl keinen Bauschutt aus Atomkraftwerken in Herne aufbereiten zu wollen
Das Genehmigungsverfahren zur Erweiterung der Abfallbehandlungsanlage Suez Remediation (früher: Sita) steht nach jahrelangem Vor- und Verlauf vor dem Abschluss, doch der Widerstand von Bürgern und Teilen der Politik ist fast ungebrochen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme.
Die Pläne
Das Unternehmen Suez RR IWS Remediation (früher: Sita) will die Kapazitäten seiner Anlage an der Südstraße in Herne erweitern. Suez behandelt an dem direkt an Wohnbebauung grenzenden Standort unter anderem Böden und Bauschutt mit umweltschädlichen Stoffen wie zum Beispiel PCB in einem thermischen Verfahren, sprich: durch Verbrennung. Für das Genehmigungsverfahren zur Erweiterung ist die Bezirksregierung Arnsberg zuständig.
Das Verfahren
„Es fehlen noch Unterlagen des Unternehmens“, sagt Christoph Söbbeler (Bezirksregierung) zur WAZ. Wenn das geforderte „Unterlagenbündel“ eingereicht worden sei, werde nach einer Prüfung die Entscheidung fallen. Zum öffentlichen Erörterungstermin im März habe es acht Einwände gegeben - unter anderem auch vom BUND und den Grünen.
Der Protest
Bürger und Anwohner von Suez haben sich T-Shirts mit der Aufschrift „Herne strahlt“ bedrucken lassen. Sie beziehen sich auf die Tatsache, dass Suez 2013 und 2014 an der Südstraße im Zuge des Rückbaus des Atomkraftwerks Würgassen PCB-haltigen Bauschutt aus Nebenanlagen des Akw behandelt hatte. Behörden und Suez wiesen darauf hin, dass dieser Abfall nicht radioaktiv belastet gewesen sei. Bürger und Verbände zweifeln am Verfahren („Freimessung“) und sehen sehr wohl Gesundheitsgefahren.
Auf Antrag der Bürgerin Astrid Bick befasste sich der Ausschuss für Bürgereingaben mit der Erweiterung, erklärte sich aber für nicht zuständig. Bick und weitere Bürger warnten vor Folgen des Ausbaus und stellten die Frage. „Wir wollen hier leben und nicht dahinsiechen. Wie können sie uns Bürger das antun?“, so Anwohnerin Annemarie Krone. Bicks Antrag gipfelte in der Frage: „Eine Anlage wie die der Firma Suez wäre meines Erachtens nach heutiger Gesetzeslage in einem Wohngebiet nicht mehr genehmigungsfähig. Ist es da nicht unlogisch, eine Erweiterung zu planen?“
Die Politik
Auch in der Herner Politik herrscht weitgehend Konsens darüber, dass ein solcher Betrieb an einem derart dicht besiedelten Standort eigentlich nichts zu suchen habe. Die SPD führte vor zwei Jahren eine Informationsveranstaltung für Bürger durch, die CDU sprach sich auf einem Parteitag gegen die Suez-Erweiterung aus. Der Herner Rat hat im Verfahren allerdings keine Entscheidungsbefugnis. Die Linke gibt den Kampf trotzdem nicht auf. Die Partei beklagte zuletzt anlässlich der öffentlichen Auslegung eines Notfallplans für Suez Intransparenz. Stichwort: Schwärzung zahlreicher Passagen (wir berichteten). Und: Linke-Ratsfrau Klaudia Scholz brachte das Thema im Umweltausschuss noch einmal auf die Tagesordnung.
Die Stadt
Die Stadt hat in dem Verfahren gegenüber der Bezirksregierung Arnsberg keine Bedenken gegen das Vorhaben von Suez geltend gemacht. Achim Wixforth, Leiter des Fachbereichs Umwelt und Stadtplanung, konterte jüngst im Bürgerausschuss die massive Kritik von Bürgern mit dem Hinweis, dass die Stadt an Recht und Gesetz gebunden sei. Die Verwaltung habe es sich aber nicht leicht gemacht und alles in ihrer Macht Stehende getan. So sei ein zusätzliches Gutachten zum Thema Störfälle beauftragt worden. Und: Erkenntnisse oder Hinweise auf radioaktive Belastungen lägen definitiv nicht vor. Im Falle einer Genehmigung der Erweiterung sei das Verfahren aber nicht automatisch abgeschlossen: „Wir leben in einem Rechtsstaat. Ihnen steht der Weg zum Oberverwaltungsgericht offen“, so Wixforth zu Bürgern.
Akw-Bauschutt soll nicht mehr nach Herne
Suez wird am Standort Herne in Zukunft wohl keinen Bauschutt aus alten Atomkraftwerken mehr aufbereiten. Das sagt Volker Lohmann, seit dem Jahr 2014 Geschäftsführer des 25 Mitarbeiter zählenden Unternehmens an der Südstraße, am Dienstag zur WAZ.
„Das tun wir uns künftig wohl nicht mehr an“, sagt Lohmann unter Verweis auf „große Vorbehalte“ aus der Bevölkerung. Diese Reaktionen seien unberechtigt, betont er erneut. Suez habe sich streng an rechtliche Vorgaben gehalten. Und: Es habe sich nicht um „Atommüll“ gehandelt, wie immer wieder behauptet worden sei, so Lohmann.
Auch mit dem Antrag auf Erweiterung bewege sich das Unternehmen im rechtlichen Rahmen. Die von der Bezirksregierung angeforderten Unterlagen seien nachgereicht worden. Bereits in einem früheren Interview mit der WAZ hat Lohmann betont, dass Bedenken gegen die Erweiterung unbegründet seien. Stoffe kämen als gefährliche Abfälle an und verließen als ungefährliche Abfälle die Anlage. Es habe noch nie einen Störfall gegeben; die Werte würden ständig überwacht.