Herne. . Am 1. Dezember tritt der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Das Herner Ordnungsamt bereitet sich so darauf vor.
- Neuer Glückspielstaatsvertrag sieht weniger Automaten in Spielhallen und Gaststätten vor
- In Herne werden laut Stadtverwaltung rund 25 Prozent der Spielgeräte verschwinden
- Vor allem Casinos mit Mehrfachkonzessionen sind betroffen, etliche werden schließen müssen
Melanie (Name geändert) hat sich sicherheitshalber schon beim Arbeitsamt gemeldet. Sie weiß nicht, ob sie weiter in der Spielhalle arbeiten kann, in der sie seit 15 Jahren beschäftigt ist. Am 1. Dezember tritt der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft, etliche Lasterhöhlen sollen auch in Herne von der Bildfläche verschwinden. Melanie sorgt sich jetzt zwar um ihre berufliche Existenz, sie sagt aber auch: „Wir haben extrem eklig viele Spielhallen in der Stadt.“
Das neue Gesetz soll die Spielsucht eindämmen, dazu hat sich der Gesetzgeber einige Kniffligkeiten ausgedacht, die die Ordnungsbehörden der Städte seit Wochen auf Trab halten und die Spielhallenbetreiber zu Reaktionen zwingen, zu Veränderungen mit zweifelhafter Erfolgsprognose. So dürfen Spielhallen in Zukunft nicht mehr „Casino“ heißen und nicht dichter als 350 Meter zusammen stehen, um Süchtigen die Wege von einer Halle zur nächsten zu erschweren. Auch muss der Spielhallenbetreiber ein „Sozialkonzept“ vorweisen können, in dem er zeigt, wie er mit notorischen Spielern umgeht.
Des Weiteren dürfen Betreiber nicht gleichzeitig mehrere Spielhallen unter einem Dach unterhalten, die Anzahl der erlaubten Automaten pro Quadratmeter und Einheit ist schon seit 2012 beschränkt.
„Es werden etliche Spielhallen dicht machen müssen“, sagt Eduard Belker vom Herner Ordnungsamt. Vor allem diejenigen mit Mehrfachkonzessionen blieben auf der Strecke. Belker will rund 25 Prozent der Spielautomaten in Herne stilllegen. „Jeder Spielhallenbetreiber braucht ab 1. Dezember neben der alten auch eine neue Konzession nach Paragraf 24“, erläutert er. Es sei absehbar, dass viele Geschäftsleute keine neue Genehmigung bekommen.
Belker und seine Kollegen sind in den vergangenen Wochen mit einem Messrad durch die Stadt gegangen und haben die Abstände einzelner Spielhallen voneinander geprüft, und da tritt die gesamte Problematik des neuen Gesetzes zu Tage: Die Casinos konzentrieren sich vor allem auf die Bahnhofstraße in Herne und die Hauptstraße in Wanne-Eickel, „und hier gibt es alte Eigentumsrechte“, macht Belker deutlich. Allein an der Bahnhofstraße gebe es elf Spielhallen, insgesamt im Stadtgebiet sind es rund 70 an 40 Standorten. Das Ordnungsamt will, wenn alle anderen Voraussetzungen stimmen, alte Konzessionen verlängern und sich auf das Verbot von Mehrfachkonzessionen beschränken. „Neue Spielhallen werden allerdings aufgrund der Gesetzeslage nicht mehr innerhalb der vorgeschriebenen Radien erlaubt“, sagt Belker.
Die ersten Casinos schießen
Der Umbruch setzt bereits ein, einige Spielhallen räumen schon das Feld. „Bei uns hat sich die Mitarbeiterin einer anderen Spielhalle beworben, sie verliert ihren Job, weil ihr Laden zumacht“, erzählt die Beschäftigte einer Spielhalle an der Bahnhofstraße. Sie weiß aber selbst nicht, ob ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt.
Melanie macht ihren Job gerne, trotz der zahlreichen „Existenzen“, wie sie sagt, die ihr ganzes Geld an Automaten verzockten. Trotz der jungen Kunden, die gerade erst 18 seien, mit einem Mercedes vorführen und ganz viel Bargeld dabei hätten, woher auch immer. Melanie freut sich über Leute, die nicht das Kindergeld oder die Miete verspielen, nur zur Unterhaltung kommen und um Leute zu treffen. Sie will aber vor allem wissen, wie es weiter geht: „Man sagt uns ja nichts.“
>>>Kommentar
Ob der neue Glücksspielstaatsvertrag Früchte tragen wird, darf bezweifelt werden. Einem Spielsüchtigen ist es gleichgültig, ob er in ein Casino geht oder zukünftig in eine Spielhalle.
Auch dürfte der Mindestabstand von 350 Metern nicht dazu beitragen, notorischen Zockern das Spielen zu verderben. Zumal ein Großteil der Altbestände an der Bahnhofstraße in Herne und an der Hauptstraße in Wanne erhalten bleiben. Man muss sich auch die Frage stellen, welcher Spielhallenbesitzer mit der Umsetzung eines „Sozialkonzeptes“ seine besten Kunden vertreibt. Am Ende dürfte das Gesetz ein bürokratisches Monstrum sein. Echte Hilfe für Spielsüchtige ist daraus nicht zu erwarten.