Herne. . Am Samstag war Welthospiztag. In Herne gab es deshalb zahlreiche Veranstaltungen – darunter auch einen Flashmob in Herne-Mitte.
- Ambulanter Hospiz- und Palliativdienst Herne lud am Welthospiztag zum Flashmob und Tag der offenen Tür
- Evangelisches Krankenhaus präsentierte Arbeit der Palliativstation mit Führung und Theaterstück
- Autorin Dorothee Döring las im Lukas-Hospiz aus ihrem Buch „Späte Versöhnung“
Am Samstag ging es laut und bunt zu in der Herner Innenstadt. Am Welthospiztag veranstaltete der Ambulante Hospiz- und Palliativdienst Herne (AHPD) in seinen Räumen an der Bahnhofstraße einen Tag der offenen Tür. Für 13 Uhr hatte der Verein am Robert-Brauner-Platz zudem einen Flashmob organisiert.
„Generationen bewegen“: Zusammen mit der bundesweiten Initiative „Wir tanzen wieder!“, der Tanzschule Tanzpott Herne und der ADTV Tanzschule Stallnig-Nierhaus wurden Menschen jeden Alters auf der Bahnhofstraße beim Flashmob zum Tanzen und Mitmachen aufgefordert. „Wir hoffen, auf diese Weise möglichst viele Menschen erreichen zu können“, begründete die AHPD-Koordinatorin Annegret Müller. Um anzufügen: „Hospizdienst ist nicht nur schwarz, sondern auch sehr bunt. Normalität und Wertschätzung ist bei Demenzerkrankten wichtig.“ Mit Karola Rehrmann und Karin Leutbecher organisierte sie den Tag der offenen Tür des AHPD.
Gruppe tanzte ausgelassen in Herne-Mitte
25 bis 30 ehrenamtliche Mitarbeiter halfen dabei tatkräftig mit. Und die Mühe hatte sich gelohnt: Am Ende tanzte die Gruppe ausgelassen zu Partyklassikern und Walzerrhythmen, was zum Schluss auch einige Passanten mitriss. Bürgermeisterin Andrea Oehler, ebenfalls vor Ort, fand die Aktion unterstützenswert: „Die Angst vor dem Thema führt zu Distanz. Dabei ist dies etwas, was jeden von uns irgendwann mal beschäftigen kann.“ Auch Lisa Binse von der städtischen Gesundheitsförderung freute sich über die Veranstaltung und den Anklang: „Ich finde es gut, dass wir in Herne ein großes Angebot für Menschen mit und ohne Demenz haben.“
Neben dem Flashmob bot der AHPD von 11 bis 17 Uhr Besuchern die Möglichkeit, die Krankheit Demenz besser kennenzulernen und mit anderen ins Gespräch zu kommen. So bot der Verein in seinen Räumen einen Demenzparcours an. An sechs Stationen stellten die Initiatoren nach, welche Schwierigkeiten sich für Betroffene im Alltag ergeben.
Besucher fanden Erfahrungen wichtig
Besucherin Anke Verhoeven (55) fand solche Erfahrungen wichtig: „Die Aufgaben im Parcours haben mich schnell gestresst und wütend gemacht. Ich kann gut nachvollziehen, warum Erkrankte manchmal ungehalten werden.“ Auch Ulrike Mündelein (59) fand den Parcours aufschlussreich: „Ich musste nach der dritten Aufgabe abbrechen, weil ich so wütend geworden bin, dass ich die Aufgaben nicht geschafft habe. Ich denke, dass dieses Nachempfinden zu einem stressfreieren Umgang mit Demenzerkrankten führen kann.“
Außerdem bot der AHPD einen Kreativmarkt mit selbstgenähten Mützen, Taschen und Tüchern an. Kinder konnten sich schminken lassen. Die gemütliche Atmosphäre lud dazu ein, bei frisch gebackenen Waffeln und Kaffee zusammen zu sitzen und sich auszutauschen.
Evangelisches Krankenhaus beteiligte sich ebenfalls
Die Palliativstation des Evangelischen Krankenhauses (EvK) hat sich ebenfalls am Welthospiztag beteiligt. Von 15 bis 18 Uhr präsentierte sich die Station, in den Fluren gab es mehrere Informationsstände. „Wir geben Beispiele dafür, was man zusätzlich zur Alltagsmedizin für das Wohlbefinden der Patienten tun kann“, erklärte Rabea Gratzke, hauptamtlich auf der Palliativstation tätig, mit Verweis etwa auf Klangschalen-, Aroma- und Kunsttherapien.
Zusammen mit weiteren Haupt- und Ehrenamtlichen sowie der Gruppe „Aktiv für Palliativ“ plante sie das Programm, das vor allem auch Kinder ansprechen sollte. Dazu gehörte unter anderem eine Führung durch die Palliativstation. Dabei gab Sozialarbeiterin Hanna Szibalski einen Einblick in die Zimmer und den Tagesablauf auf der Station.
Klinikclowns präsentierten „mauseTODgelacht“
Um 16 Uhr führten zwei Klinikclowns das Theaterstück „mauseTODgelacht“ auf. Die „Clownixen“ Simone Faßnacht und Nuria Hansen brachten dabei den kleinen Zuschauern die Themen Tod und Abschied auf spielerische Weise näher. „Kinder haben meist einen ganz anderen Zugang zu dem Thema Tod“, sagte Nuria Hansen. „Uns ist es wichtig, Kindern und auch Erwachsenen zu vermitteln, dass Gefühle wie Trauer oder Eifersucht zugelassen werden dürfen.“ Simone Faßnacht ergänzte: „Die Ängste und Sorgen der Menschen müssen ernst genommen werden.“
Das Stück kam gut an: „Mir hat es wirklich sehr gut gefallen“, sagte Jessica Stridde (29). Sie habe selbst eine Tochter und finde es wichtig, Kinder schonend an das Thema heran zu führen: „Dabei kann ich mir das Theaterstück als hilfreich vorstellen.“ Nach der Aufführung gab es noch die Möglichkeit für die Kleinen, kreativ zu werden. So konnten beispielsweise Steine bemalt werden, Gäste konnten sich etwa bei Waffeln und Kaffee stärken.
Autorin Dorothee Döring las im Lukas-Hospiz
„Späte Versöhnung“ heißt ein Buch von Dorothee Döring, das sich mit Problemen und Missverständnissen zwischen Eltern und Kindern beschäftigt. Bereits am Freitagabend las die Autorin im Lukas-Hospiz an der Jean-Vogel Straße aus ihrem Werk.
Die Auseinandersetzung mit alten Eltern stellt Kinder oft vor Herausforderungen, besonders, wenn sie Pflegeaufgaben übernehmen. Auch viele „Altlasten“ kochen dabei hoch. Die Kinder fühlten sich oft missverstanden und ungerecht behandelt. „Und weil jeder vom anderen etwas anderes wünscht als das, was er bekommt, entsteht Frust“, sagte Döring. Sie ist eine ehemalige Kunstlehrerin, die seit Jahren im Bereich Konfliktberatung arbeitet.
Versöhnung statt Abrechnung
Döring interessiert die Frage, wie eine Versöhnung zwischen Eltern und Kindern möglich ist – statt einer „Abrechnung“. Als Grundvoraussetzung dafür sieht sie Respekt und gegenseitige Anerkennung. Schuldzuweisungen, Übergriffe und Verletzungen verhinderten ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben – auf beiden Seiten. Auch die Bereitschaft zu einem Perspektivwechsel sei wichtig: „Man muss das Problem auch mal mit den Augen des Anderen sehen können.“ Vor allem Eltern dürften beim plötzlichen Rollentausch in der Pflegesituation nicht durch die Angst vor Abhängigkeit und anderen Verlusten egoistisch und fordernd werden, Kinder dagegen müssten mit krankheitsbedingten Persönlichkeitsveränderungen umgehen lernen.
Ohne Verzeihen könne es kein Versöhnen und keinen Neuanfang geben, lautet der Appell von Dorothee Döring in einem sehr lebendigen und eindringlichen Vortrag, der durch seine authentische, unmittelbare Ansprache mehr als einmal unter die Haut ging.