Herne. . Zum Auftakt des Avantgarde-Festivals zeigten Schüler und Schülerinnen des Pestalozzi-Gymnasiums, was ein Handy an Klängen produzieren kann.

  • Zum Auftakt des ersten Festivals „Blaues Rauschen“ präsentierten Jugendliche eine Klanginstallation mit Smartphones
  • Claas Hanson und Moritz Ellerich hatten sie in einem Workshop an das Thema herangeführt
  • Installation ging im Verlauf des Abends in eine Konzertsituation mit dem Musiker „N“ über

Das Festival „Blaues Rauschen“, kuratiert vom Essener Verein open systems, bewegte sich auf seiner Auftaktveranstaltung in den Flottmann-Hallen in der Nähe der Medienkunst. Das mehrtägige Festival in Herne, Essen und Dortmund versteht sich als „eine momentane Standort- und Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter“.

„Niemand weiß, was mit den Daten passiert“

„Ob man heutzutage ein Video ganz bewusst teilt oder auch nur in der Öffentlichkeit unbemerkt gefilmt wird – niemand weiß genau, was mit diesen Daten geschieht,“ so Sounddesigner Claas Hanson. Diesen Aspekt hat Hanson gemeinsam mit dem Lichtkünstler Moritz Ellerich (RaumZeitPiraten) in einem Workshop aufgegriffen.

Mit Jugendlichen des Pestalozzi-Gymnasiums haben die Künstler innerhalb einer Woche Schaltkreise gebaut und das Handy zweckentfremdet, um damit Sounds auf analoger Ebene zu steuern. So entstand die performative Klanginstallation „dis.GUI.sed“.

Die apparaturenhafte Installation probierte schließlich das Publikum in der Flottmann-Halle mit dem eigenen Handy aus und wurde damit selbst zum Akteur. Elektromagnetische Schwingungen wurden in Sinustöne verwandelt, weitere Prozesse lösten Lichtsensoren aus: So war das Handy-Live-Bild etwa gekoppelt mit synthetischen Sounds, die Taschenlampenfunktion aktivierte das Anschlagen eines Schlagzeugbeckens.

Jugendliche übernehmen Klangregie

Die Audiodaten lösten einen Prozess aus: Live-Sampling und Loops (Soundschleife) generierten einen (gesteuerten) Sample-Kreislauf. Die Klangregie übernahmen die Jugendlichen, wählten Spuren aus, fügten Effekte hinzu oder fütterten das System mit weiteren Sounds aus dem Smartphone.

Eine geräuschvolle Kakophonie, mit der die Festivalmacher um Eckart Waage komplexe Systeme hörbar machen wollten. Was hören wir da im einzelnen? „Eine Mischung von einzelnen Sounds“, so Schülerin Miriam Gatawis.

Trotz „Klangregie“ zeigt die Transformation der Sounds doch die Offenheit des Prozesses, dessen Kehrseite Kontrollverlust ist. „Das wollten wir einmal auf einem Low-Level darstellen“, kommentierte Claas Hanson den Vorgang.

Soundinstallation geht nahtlos in Konzert über

Nahtlos ging die Soundinstallation in eine Konzertsituation über, die sich ähnlich entindividualisiert ausnahm. „Ambient Drone“ schuf Klangkünstler „N“ auf der Bühne des Foyers. Das angekündigte Du Native Instrument konnte wegen des Sturms nicht aus Berlin anreisen. Durch den Raum schallte ein permanent wabernder, verzerrter Gitarrensound, der den Zuhörer gleichsam einhüllte.

Ein gelungener Auftakt, der das digitale Zeitalter kommentierte und Zusammenhänge in ästhetische Welten überführte.

>>> DIE NÄCHSTEN KONZERTE

Im Essener Goethebunker, Goethestraße 67, geht es am Donnerstag, 12. Oktober, um 19.30 Uhr weiter. Gäste sind Karl-Heinz Mauermann, Roman Eisenmann, Zlatko Baracskai und FrauFranke50KHZ. Tickets 12/8 Euro.

In Schloss Eving am Nollendorfplatz 2 in Dortmund spielen am Samstag, 14. Oktober, Namia Leigh, Bloort, Balazs Kovacs und Marsen Jules. Beginn ist um 19.20 Uhr. Die Tickets kosten 12/ermäßigt 8 Euro.