herne. . Das Herner Arbeitsgericht hat am Donnerstag zum Tag der offenen Tür geladen. Besucher konnten sich über die Arbeit dort informieren.

  • Besucher nahmen an Verhandlungen teil und stellten den Mitarbeitern Fragen zum Thema Arbeitsrecht
  • Sechs Berufsrichter und 140 ehrenamtliche Richter sind am Arbeitsgericht in Herne beschäftigt
  • Zum Abschluss gab es einen Vortrag und eine Diskussionsrunde zum Thema Arbeitszeitgesetz

Zu wenig Gehalt oder keine fristgerechte Kündigung – diese und andere zivilrechtliche Streitigkeiten werden tagtäglich vor dem Arbeitsgericht Herne verhandelt. Am Donnerstag waren Besucher dort zum Tag der offenen Tür eingeladen. Sie konnten sich die Räumlichkeiten anschauen und an Gerichtsterminen teilnehmen.

„Meistens klagen hier die Arbeitnehmer gegen ihre Arbeitgeber“, erklärt Helge Kondring den Besuchern. Er hat als Journalist selbst viele Jahre an den Sitzungen des Arbeitsgerichts teilgenommen und führt die Besuchergruppe am Donnerstag durch die Räumlichkeiten. Wie eine Sitzung abläuft, können die Interessierten selbst beobachten. Zum Tag der offenen Tür stehen extra viele Verhandlungen auf dem Plan. Wer sich für ein Thema interessiert, kann im Gerichtssaal Platz nehmen.

Im Viertelstundentakt werden Anwalte, Kläger und Angeklagte in die Sitzungssäle gerufen. Insgesamt drei davon gibt es im Arbeitsgericht. „Bei einem Engpass wird auch schon mal die alte Bibliothek umfunktioniert“, sagt Helge Kondring. „Da herrscht dann eine besonders familiäre Atmosphäre.“

Zu Beginn der Verhandlung tragen beide Parteien ihre Sichtweisen des Falls vor. Gemeinsam wird dann nach einer Lösung gesucht. „Rund 85 Prozent der Fälle können hier durch einen Vergleich beendet werden“, weiß Berufsrichter Thomas Kühl. Dabei kommen sich Kläger und Angeklagte gegenseitigen Entgegen und finden einen Kompromiss.

140 ehrenamtliche Richter

Während und nach den Verhandlungen haben die Besucher in den Nebenräumen die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Dabei erfahren sie zum Beispiel, dass es neben den Berufsrichtern am Arbeitsgericht rund 140 ehrenamtliche Richter gibt. Jeweils einer von ihnen vertritt in Kammersitzungen die Seite der Arbeitgeber und die der Arbeitnehmer.

Die ehrenamtlichen Richter sind keine ausgebildeten Juristen. Sie kommen vielmehr aus der Praxis des Arbeitsrechts. Einer von ihnen ist Hermann Hujo. Der 67-Jährige hat früher in der Personalleitung eines Energieunternehmens gearbeitet. Seit drei Jahren ist er nun auch als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht in Herne tätig. „Ich habe mich einfach schon immer für Arbeitsrecht interessiert“, sagt der 67-Jährige. „Deshalb habe ich mich entschieden, hier ehrenamtlich tätig zu werden.“ Rund viermal im Jahr ist er an Verhandlungen beteiligt. Die lange Praxiserfahrung sei dabei oft ein großer Vorteil: „Wir ehrenamtlichen Richter wissen, wie es in der Arbeitswelt läuft und haben auch Fachwissen aus bestimmten Bereichen.“

Als Abschluss des Tages gibt es für die Besucher einen Vortrag von Rechtsanwalt Thomas Reddemann zum Thema Arbeitszeitgesetz. Er ist Vorsitzender einer Arbeitsgemeinschaft aus Richtern und Rechtsanwälten, die aktuelle Themen besprechen. „Wir müssen uns fragen, ob das Arbeitszeitgesetz heute noch zeitgemäß ist“, sagt der 54-Jährige. Was gilt überhaupt als Arbeitszeit? Wie geht man mit Home Office um? Diese und weitere Fragen behandelt Reddemann in seinem Vortrag.

Sitzungen sind fast immer öffentlich

Wer sich für das Thema Arbeitsrecht interessiert, muss nicht bis zum nächsten Tag der offenen Tür warten: „Die Sitzungen im Arbeitsgericht sind generell immer öffentlich“, sagt Helge Kondring. „Jeder kann also daran teilnehmen.“ Im Gegensatz zu anderen Gerichten hat das Arbeitsgericht für Publikum seiner Meinung nach einen besonderen Anreiz: „Hier geht es um Themen, die uns alle angehen.“