Herne. . Ein 41-Jähriger beruft sich auf afrikanische Gebräuche. Er steht wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen vor dem Bochumer Landgericht.
- Raue Sitten bei einer Familie in Eickel werden vor dem Bochumer Landgericht verhandelt
- 16-Jähriger musste sich den Prügelstock auf Befehl seines Stiefvaters selber suchen
- Anklage lautet auf Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährliche Körperverletzung
Vor einem Jahr hat ein 41-jähriger Vater aus Eickel seinen Stiefsohn mit einem Stock verprügelt. Seit Mittwoch steht er in Bochum vor dem Landgericht.
Es war der 5. September 2016, als sich in der Wohnung der Familie brutale Szenen abspielten. Die Fotos, die später entstanden sind, zeigen dunkle Striemen auf dem geschwollenen Rücken des 16-Jährigen. Und das eigentlich Unfassbare: Der Sohn hatte den Stock, mit dem er verprügelt wurde, vorher sogar selbst suchen müssen. „Ich habe ihn geschlagen wie einen Mann“, sagte der 41-Jährige zum Prozessauftakt. Und seine Ehefrau, die ursprünglich aus Kenia stammt, ergänzte: „So haben wir das in Afrika gelernt. Du gehst nach draußen, holst einen Stock und kommst wieder rein.“
Entweder Prügel oder Stubenarrest
Außerdem habe ihr Sohn ja auch wählen können: entweder Stubenarrest oder Stockschläge. Was die Angeklagten so wütend gemacht hat, war eigentlich eine Lappalie. Während sie nach Holland gefahren waren, hatten sie dem 16-Jährigen verboten, Besuch in die Wohnung zu lassen. Doch genau daran hatte er sich nicht gehalten.
Die Besucherin, die diesmal da war, war allerdings nicht irgendwer, sondern die Stiefschwester des 16-Jährigen. Doch das war den Angeklagten egal. Ihnen ging es ums Prinzip. „Er macht, was er will“, sagte die Mutter den Richtern. „Ich aber verlange Respekt.“
Ihr Sohn hatte sich schließlich einer Freundin anvertraut. Kurz zuvor soll ihn seine Mutter so heftig in die Wange gekniffen haben, dass eine richtige Wunde entstanden ist. Der Grund diesmal: Er hatte seinen kleinen Bruder zur Schule gebracht und vergessen, ihm eine Jacke anzuziehen. Das Jugendamt hatte den 16-Jährigen damals sofort aus der Familie geholt und in einer Wohngruppe untergebracht. Dort ist er auch heute noch. Ganz so schlecht scheint das Verhältnis zu Mutter und Stiefvater aber nicht mehr zu sein. Als der Jugendliche in den Gerichtssaal kam, hat er seiner Mutter erst einmal einen Kuss auf die Wange gegeben. Dann hat er sich auf sein Schweigerecht berufen. Die Anklage lautet auf Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährliche Körperverletzung. Der Prozess wird fortgesetzt.