Herne. . Der gebürtige Schotte Alan Davis lebt seit 25 Jahren in Deutschland. Jetzt ließ sich der 48-jährige Herner einbürgern – aus diesem Grund.
Erst machte sich Entsetzen breit, dann die Angst um die eigene Zukunft: Der Schotte Alan Davis konnte es im vergangenen Jahr „einfach nicht fassen“, dass die Mehrheit der Briten für den Brexit gestimmt hatte. Je mehr der Englisch-Dozent an der Bochumer Ruhr-Uni, der seit 1992 in Deutschland lebt, über mögliche Folgen auch für ihn persönlich nachdachte, „gab es keinen Zweifel mehr, dass ich dringend die deutsche Staatsangehörigkeit brauche.“
Vollkommen offen sei doch, sagt der 48-Jährige, was am Ende bei den Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien herauskomme. Die Konsequenzen, gerade auch im Hochschulbereich, könnte man nicht absehen. Und eines werde er, wenn er nur den britischen Pass besitze, auf jeden Fall verlieren, nämlich den Status als EU-Bürger. „Damit gehen auch wichtige Rechte wie die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union verloren.“
Vom Votum über den Brexit ausgeschlossen
Seit wenigen Wochen ist Alan Davis seiner Sorgen ledig. Er öffnet eine weiße Kladde mit einem einzigen Blatt, auf dem „Einbürgerungsurkunde“ zu lesen steht. Darüber sei er froh und glücklich, hebt der Dozent hervor. Mehrfach hatte er schon über eine doppelte Staatsbürgerschaft nachgedacht. Denn er sah sich vor allem in seinen Wahlrechten arg beschnitten. In Deutschland kann er zwar an der Kommunal- und der EU-Parlamentswahl teilnehmen, aber die Abstimmungen zum Land- und Bundestag bleiben ihm verwehrt. Das gilt aber ebenso für die Parlamentswahlen seines Heimatlandes. „Wer sich 15 Jahre und länger dauerhaft außerhalb von Großbritannien aufhält, verliert das entsprechende Recht“. Daher sei er auch vom Votum über den Brexit ausgeschlossen gewesen. Wenn er darüber spricht, merkt man, wie sehr ihn das noch immer wurmt.
Das Ergebnis vom 23. Juni vergangenen Jahres hat dann seine Entscheidung ganz erheblich beschleunigt. Alle erforderlichen Voraussetzungen für die deutsche Staatsangehörigkeit erfüllt er mit Leichtigkeit, von der Anforderung, seit mindestens acht Jahren hier zu leben über finanzielle Absicherung durch den Beruf bis hin zu Sprachkenntnissen. In Schottland hat Alan Davis das Diplom in deutscher Sprache und Literatur erworben und seitdem er im Zuge eines Austauschprogramms in die Bundesrepublik kam, hat er für Wirtschaft und Wissenschaft gearbeitet.
Hoffnung auf Aus für Brexit
Auch wenn sich der Uni-Mitarbeiter mit der Einbürgerung nun für sich persönlich Sicherheiten geschaffen hat, hegt er doch erhebliche Bedenken, was auf Großbritannien zukommt. Dabei hat er die Hoffnung, dass sich der Brexit doch noch vermeiden lässt – irgendwie.
Für seinen Sohn Neil (15) will er aber wahrscheinlich und vorsichtshalber die britische Staatsbürgerschaft beantragen.
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Die Anzahl der in Deutschland lebenden britischen Staatsangehörigen, die nun auch den deutschen Pass haben wollen, ist deutlich gestiegen. Medienberichten zufolge gingen laut dem Kölner Bundesverwaltungsamt bundesweit in 2014 insgesamt 46 Anträge bei den Kommunen ein, 63 waren es im vergangenen Jahr. Im Jahr darauf kletterte die Zahl bereits auf 760, heißt es weiter. Und in diesem Jahr waren es allein bis Ende Mai schon 833.
Laut Stadtverwaltung leben in Herne 68 Briten, vier wollten nach dem Brexit den deutschen Pass beantragen.