Herne. . In Herne-Mitte stand beim Nightlight-Dinner die längste Picknick-Tafel des Ruhrgebiets. 7000 Besucher erlebten urbane Romantik.
- Beim Nightlight-Dinner lockte die längste Picknick-Tafel des Ruhrgebiets Besucher auf die Bahnhofstraße
- Familien, Bekannte und Freunde aßen, tranken und feierten; auf acht Bühnen spielten Bands
- Veranstalter hatten Sicherheitskonzept verstärkt, Lkw blockierten die Zufahrten
Akkan Aydin ist mit Frau und Kleinkind zur Bahnhofstraße gekommen. Zu dritt sitzt die Familie auf einer der vielen Bänke, vor ihnen Melonen und Weintrauben. „Ich bin bereits zum dritten Mal hier“, sagt der Deutsch-Türke am Freitagabend. „Es ist hier einfach prima hier, man kommt auch in Kontakt. Und sicher fühle ich mich auch.“
Tatsächlich macht das Sicherheitskonzept einen sehr guten Eindruck. Vor dem Robert-Brauner-Platz in Höhe des ehemaligen Hertie-Hauses sind Betonquader aufgestellt, ein Müllwagen blockiert die Zufahrt. Auch am anderen Ende der Einkaufsmeile, an der Kreuzkirche, steht ein städtischer Lkw. Darüber hinaus stehen Lkw in den Seitenstraßen, Security-Leute gehen Streife. „Die Quader und Lkws sind auch eine Reaktion auf den Terroranschlag in Barcelona“, sagt Marina Hummel vom Kulturbüro. Sie ist die Veranstaltungsleiterin des Nightlight-Dinners.
OB Frank Dudda begrüßt Besucher von der Bühne aus
Bereits um 18.15 Uhr sind viele Sitzbänke besetzt. „Wir wollten uns einen guten Platz in der Nähe der Hauptbühne sichern“, erklärt Bernd Michelsen. Er und seine Frau haben Kartoffelsalat, Tomaten und Frikadellen mitgebracht. „Wir mögen das hier sehr, sind zum fünften Mal dabei“, so der Bochumer.
Pünktlich um 19 Uhr geht’s dann offiziell los. Die Herner Band Blue-sky eröffnet den Abend mit einer kurzen Version des Beatles-Klassikers „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ – weniger brachial als im Original. Dann begrüßt Oberbürgermeister Frank Dudda die Besucher von der großen Bühne aus: „Nach der Cranger Kirmes sind wir jetzt wieder bei Kräften.“ Und er sagt: „Dieses Nightlight-Dinner lebt davon, neue nette Menschen kennenzulernen.“
Kurz vor Sonnenuntergang leuchten schon Kerzen
Es herrscht eine lockere, entspannte Stimmung. Gegen 20.30 Uhr, kurz vor Sonnenuntergang, leuchten schon Kerzen auf den langen Tischen. Das ist urbane Romantik. Auf acht Bühnen spielen Bands, darunter die bekannten „Komm‘Mit Manns“. Es gibt auch Klassik, Folk und Jazz. Beim Auftritt von „7 Cent“ stehen die Fans dicht am Bühnenrand und schwenken die Arme. Es wird nicht nur gefuttert, sondern auch gerockt.
700 Meter lang ist die Tafel auf dem Boulevard
700 Meter lang ist die längste Picknick-Tafel des Ruhrgebiets. Die Besucher sitzen teils dicht gedrängt, plaudern, bieten sich gegenseitig Speisen an. Wer nichts mitgebracht hat, wird mit Bratwurst und orientalischen Spießen von den Ständen und Buden versorgt.
Nightlight-Dinner-Planerin Marina Hummel zieht am Sonntag Fazit: „Das war super!“ Sie schätzt die Zahl der Besucher auf rund 7000; das sei im Vergleich zu den 16 Vorjahren konstant. Rüpeleien oder betrunkene Streitsucht hat sie nicht beobachtet: „Es war total fröhlich, gesellig und kontaktfreudig. Auch das Wetter hat mitgespielt.“
Paralleles „Night Dinner“ in der St. Bonifatius-Kirche
Während draußen an der 700 Meter langen Picknick-Tafel der Bär tobt, ist es beim Night Fever in der St. Bonifatius-Kirche eher besinnlich. „Night Dinner“ heißt übersetzt tatsächlich so viel wie „Abendmahl“. Und dieses Wort weckte christliche Assoziationen.
„Der Begriff ist bewusst gewählt“, sagt Lukas Hellekes, noch bis vor kurzem Diakon in St. Bonifatius, jetzt Vikar in Delbrück. Er ist der Ideengeber des Night Fever. „Fieber ist ansteckend. Gott soll anstecken.“ Und das tun seine Beauftragten freundlich offensiv. Sie sprechen die Besucher des Nightlight-Dinners auf der Bahnhofstraße an, geben ihnen ein Teelicht und laden sie in die Kirche – zur Messe, zum Gebet, zum Gespräch. Bis zum Nachtgebet gegen 23 Uhr brennen 900 Kerzen in der Kirche.
Kirche geht auf Menschen zu
„Die Kirche muss auf die Menschen zugehen. Da muss man auch mal über seinen Schatten springen“, sagt der junge Vikar. Schatten? „Ja, es ist nicht leicht, wildfremde Menschen anzusprechen.“
Also taktisch clever, dieser Menschenfang ins Netz Gottes – gerade zu einer Zeit, in der auf der Bahnhofstraße nach Geschäftsschluss in der Regel die tote Hose herrscht. Auch Kai Schmitz hat sich am Freitagabend keschern lassen. „Ich habe mit Religion eigentlich nichts am Hut“, sagt der 27-Jährige beim Verlassen der Kirche. „Aber die haben mich so sympathisch angesprochen, da bin ich einfach mal reingegangen. War ganz gut. Die haben ein tolles Mosaik.“
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Open-Air-Konzert beim City-Fest am Samstag
Der Freitag war der Tag des Nighlight-Dinners, am Samstag stand dann in der Herner Innenstadt das City-Fest auf dem Programm.
Beim Open-Air-Konzert auf dem Robert-Brauner-Platz ging es Schlag auf Schlag: Nach Just 2 und dem Herner Songwriter Edy Edwards enterten Go Sista und die Coverrock-Formation Seven Cent die Bühne. Das Programm wurde launig kommentiert von Moderator Oliver Grabowski (Radio Herne).
Abgerundet wurde das von der Stadt in Herne-Mitte veranstaltete City-Fest durch diverse Walk-acts wie „Skotty’s best Whiskeys and Cigars“, Boyaci Hüseyin und „Der Weltenwanderer“.