Herne. . Vom Leiter des Herner Stadtarchivs, Jürgen Hagen, ließ sich eine Gruppe geschichtsinteressierter Herner über den jüdischen Friedhof führen.
Spuren der Vergangenheit sind überall in der Stadt zu finden. Auf ihre Suche haben sich am Freitagabend etwa 30 Herner bei einer Führung über den jüdischen Friedhof am Hoverskamp gemacht, der sonst nicht zugänglich ist. Alle sind Mitglieder der Facebook Gruppe „Herne von damals bis heute“. Sie wurde 2015 von Gerd Biedermann gegründet und zählt bereits 2374 Mitglieder, die sich für Vergangenes und Gegenwärtiges interessieren, Bilder und Geschichten austauschen. Das Treffen am Freitag war das erste, der bis dato nur virtuell agierenden Gemeinschaft. Die Führung war ein Angebot des Stadtarchivs unter Leitung von Jürgen Hagen.
Kopfbedeckungen sind Pflicht
Es gehörten nicht nur ältere Menschen „mit guter Erinnerung“ zu de der Facebook-Gruppe, sondern auch jüngere Herner oder solche, die ausgewandert seien. „Diese Gruppen bespielt die Lokalgeschichte von Herne und Wanne-Eickel“, sagt Jürgen Hagen, der über den Historischen Verein Herne eng mit Gerd Biedermann zusammenarbeitet. Dieser pflichtet bei: „Es läuft wunderbar.“
Alle Männer, die an der Führung teilnehmen, tragen Hüte oder Kappen. Im Judentum sei es üblich, so Hagen, dass auch nicht-jüdische Männer beim Besuch eines Friedhofes eine Kopfbedeckung tragen. Als Hagen von der Trauer- und Bestattungskultur im Judentum und von Einzelschicksalen der Herner Juden im Nationalsozialismus erzählt, hören die Teilnehmer still zu, sehen interessiert und bedrückt aus. Die Zuhörenden stellen Jürgen Hagen viele Fragen über den Friedhof, der ungefähr 1879 angelegt wurde. Der Friedhof sei, so Hagen, „ein besonderer und gut erhaltener Erinnerungsort und daher ein Zeichen für die emanzipierte jüdische Gemeinschaft in Herne“. Dies beweist auch die Sammlung jüdischer Begriffe, die ihren Eingang ins „Ruhrpott-Deutsch“ gefunden haben. Die Teilnehmer schmunzeln über Begriffe „Kaff“, „Ische“, „Ganove“, „malochen“ oder „Knast“.
Als er seinen Vortrag beendet, verweilen viele zwischen den Gräbern, stellen Fragen, bringen eigenes Wissen ein. Die Schwestern Regine Fülling und Astrid Irousek sind froh, dass sie nun „Gesichter der Gruppenmitgliedern kennen“ und eine von ihnen sagt: „Eine besseren Gruppenleiter als Gerd kann man sich nicht wünschen; es ist unglaublich, was er für die Stadt macht.“