Herne. . Im Evangelischen Krankenhaus Herne wurden im vergangenen Jahr alle Organspenden abgelehnt. Sprecherin sieht die Gründe in den Spenden-Skandalen.
- Im Evangelischen Krankenhaus sind immer weniger Menschen bereit, ihre Organe zu spenden
- Die Nachfrage von Patienten mit Krankheiten im Endstadium ist allerdings hoch
- Gründe für den Rückgang der Spenden sind laut Experten Skandale und Unsicherheit der Menschen
91 Organspender in sieben Monaten – das ist die bisherige Jahresbilanz der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) für Nordrhein-Westfalen. Im Deutschlandvergleich liegt NRW damit auf dem letzten Platz (die WAZ berichtete). Auch in Herne geht die Zahl der Organspender zurück, das bestätigte das Evangelische Krankenhaus auf Nachfrage der WAZ.
„Leider ist die Bereitschaft zur Organspende sehr gering“, sagt EvK-Sprecherin Andrea Wocher. Die Nachfrage allerdings sei hoch. So warten in Herne Patienten im Endstadium eines Nierenleidens, Herzleidens oder einer Leberfunktionsstörung auf ein Spenderorgan. „Im EvK Herne kamen im vergangenen Jahr acht Patienten nach Hirntod für eine Organspende in Frage. In allen Fällen wurde die Organspende von den Angehörigen abgelehnt“, so Wocher.
Krankenhaus ist auf Spender vorbereitet
Dabei sei das EvK gut auf mögliche Spender vorbereitet. Es stehen rund um die Uhr ausgebildete und erfahrene Transplantationsbeauftragte zur Verfügung, teilt Andrea Wocher mit. Die Gründe für den Rückgang an Organspenden sieht sie in den Spenden-Skandalen in Göttingen und anderen Transplantationszentren. Fehlverhalten von Ärzten bei der Vergabe von Organen habe extremes Misstrauen geschürt, was die Spendenbereitschaft drastisch gesenkt habe.
Die Hernerin Anke Piehl-Kuniss kann das nicht nachvollziehen. Sie hat bereits seit 22 Jahren einen Organspendeausweis. „Ich bin so erzogen worden: Was noch gut ist, ist zu schade zum Wegschmeißen“, sagt die 55-Jährige lachend. „Das kann man auch auf die eigenen Organe beziehen.“
Keine Transplantation bei St. Elisabeth-Gruppe
Auch Andrea Darwiche aus Eickel ist überzeugte Organspenderin. Mit ihrer Eventagentur hat sie 2014 in Essen eine Veranstaltung für Lungentransplantations-Patienten organisiert. „Das hat mich persönlich sehr beeindruckt, ich habe viel Zeit mit den Patienten verbracht“, sagt die 53-Jährige. Allerdings gebe es auch in ihrem Umfeld nicht viele, die ihre Organe spenden. „Die meisten, die ich frage, sind nicht wirklich dagegen, sie haben sich einfach noch nicht darum gekümmert“, so Darwiche.
In den Krankenhäusern der St. Elisabeth-Gruppe werden keine Organtransplantationen vorgenommen. „Wir arbeiten aber eng mit der Deutschen Stiftung für Organspende zusammen und stellen dieser die Organe von geeigneten Spendern zur Verfügung“, erklärt Sprecherin Daniela Lobin. Sie sieht eine weitere Ursache der geringen Spenderzahl in der Unsicherheit der Menschen: „Sie haben Angst, dass der Tod nicht sicher festgestellt wurde, bevor die Organe entnommen werden.“
Genau aus diesem Grund ist Andrea Darwiche für eine Widerspruchslösung in Deutschland. „Man sollte aktiv widersprechen müssen, wenn man kein Organspender sein will“, sagt sie. „Wer will seinen Angehörigen schon zumuten, in so einer Situation diese Entscheidung zu treffen?“