Herne. . Daniel Kleibömer feiert Premiere als Kandidat für die Linkspartei. Der 58-Jährige peilt neun Prozent an und wünscht sich Rot-Rot-Grün im Bund.
- Geschäftsführer der Linke-Ratsfraktion tritt erstmals bei einer überregionalen Wahl an
- Chancen rechnet er sich nicht aus, hofft aber auf neun Prozent für die Linke
- Er steht „zu 95 Prozent“ hinter dem Bundeswahlprogramm der Linkspartei
Elfriede Jelineks polarisierender Roman „Lust“ ist das Lieblingsbuch des Linke-Politikers Kleibömer. Und Lust spielt für den 58-Jährigen auch im anstehenden Bundestagswahlkampf eine wichtige Rolle – ist er mit Blick auf die Auseinandersetzungen insbesondere mit den aussichtsreichsten Kandidaten Michelle Müntefering (SPD) und Paul Ziemiak (CDU) doch voller Vorfreude. „Ich habe Lust auf diesen Wahlkampf“, bekennt er und spricht sogar vom „Spaßfaktor Podiumsdiskussion“.
Politisch aktiv ist der gebürtige Eickeler schon ewig und drei Tage. Und doch wird er bei der Bundestagswahl am 24. September eine Premiere feiern: Erstmals tritt der Geschäftsführer der Linke-Ratsfraktion bei einer überregionalen Wahl an. Dass seine Aussichten auf einen Sieg gegen Null gehen, sei ihm bewusst. Sein Ziel: „Ich möchte neun Prozent holen.“
Bei den Themen setzen Kleibömer und die Linkspartei in Herne nicht auf einen „Gemischtwarenladen“, sondern auf wenige Schwerpunkte. Die da heißen: Kinder- und Jugendpolitik, Stadtentwicklung und Rente. Ganz gezielt wolle die Partei in diesen Feldern Akzente setzen – bei Veranstaltungen, aber auch an den obligatorischen Infoständen. Über neue Wahlkampfformen denkt die Linke ebenfalls nach. In den nächsten Tagen entscheidet sich, ob der Kreisverband einen Kandidatenfilm mit Kleibömer drehen wird.
Bekenntnis zu Wagenknecht
Verbiegen muss er sich im Wahlkampf nicht. Er stehe „zu 95 Prozent“ hinter dem Bundeswahlprogramm der Linkspartei, sagt er. Die großen Linien - von „zwölf Euro Mindestlohn“ über „Anhebung des Rentenniveaus“ und einer „Mindestsicherung für Arbeitslose ohne Sanktionen“ bis hin zum „Nein zu Waffenexporten“ — trage er voll mit und habe nur in Details eine andere Meinung. Auf Nachfrage bekennt er sich auch, anders als jüngst Linke-Landtagskandidat Christopher Krogull, zur parteiintern nicht unumstrittenen Linke-Spitzenfrau Sahra Wagenknecht.
Das erste Wort im gestrafften Zehn-Punkte-Programm der Bundes-Linken heißt „Respekt“. Ein Wort, dass für sein Selbstverständnis und sein politisches Handeln von höchster Bedeutung sei, erzählt der Vater von zwei Kindern. Den Respekt vor Menschen, vor der Würde des Menschen habe er einst als Zivildienstleistender im Eickeler St. Marien-Hospital gelernt: „Diese Zeit hat mein Leben geprägt.“ Und noch etwas verbindet der Sohn einer katholischen Religionslehrerin mit diesem von ihm für das WAZ-Foto ausgewählten Ort in Eickel: Er sei dort als Messdiener im Einsatz gewesen.
2001 trat er bei den Grünen aus
Zurück zur Politik. Den Glauben an einen rot-rot-grünen Wahlsieg bringt Kleibömer aktuell nicht auf. „Das ist zurzeit nicht realistisch.“ Wünschenswert wäre R2G - wie Rot-Rot-Grün auch genant wird aber sehr wohl, um möglicht viele Linke-Inhalte umzusetzen. Die Regierungsfähigkeit will sich Kleibömer von der SPD nicht absprechen lassen: Die Linke sei beweglich und pragmatisch genug, um sich in konstruktiv in eine Koalition einzubringen.
Mit den Grünen verbindet Kleibömer übrigens eine gemeinsame Vergangenheit. Ende der 90er Jahre wurde er Mitglied, trat dann aber 2001 wegen der Zustimmung der Bundesgrünen am deutschen Kriegseinsatz in Afghanistan aus. Nach der Fusion von PDS und WASG im 2007 ist er Mitglied der neuen Linkspartei geworden. Das war für ihn nur konsequent, denn: „Ich war schon immer ein Linker.“
Zur Person
Daniel Kleibömer im Jahr 2016 .Foto: Ute Gabriel
Daniel Kleibömer (58) ist seiner Heimatstadt treu: Der gebürtige Eickeler hat bisher stets in Herne oder Wanne-Eickel gewohnt. Nach dem Realschulabschluss (Realschule An der Burg) und Abitur (zweiter Bildungsweg) studierte er in Bochum Geschichte und Sozialwissenschaften auf Lehramt, brach das Studium aber ab. Beruflich stand die Kinder- und Jugendarbeit im Mittelpunkt – zunächst bei der Gesellschaft Freie Sozialarbeit (GfS), später bei diversen anderen Trägern. 2009 wurde Kleibömer Mitarbeiter beim Herner Linke-Europaabgeordneten Jürgen Klute, seit 2010 ist er Geschäftsführer der Linke-Ratsfraktion. Schach, Musik (Favoriten: Nico, Einstürzende Neubauten und Kurt Weill), Fußball und Lesen zählt er zu seinen Hobbys. 1986 gewann er in Herne mit Kurzgeschichten den ersten Jugendförderpreis in der Sparte Literatur. Platz 2 belegte damals Willi Thomczyk. Daniel Kleibömer ist ledig und hat zwei Kinder(34 und 30).
Vier Fragen an Daniel Kleiböhmer
Sahra Wagenknecht oder Katja Kipping?
Katja Kipping. Die Politik unserer Parteivorsitzenden entspricht voll und ganz meinem Politikverständnis.
Wahr oder falsch? Lange Haare sind eine Lebenseinstellung.
Wahr! Ich trage meine Haare seit meinem 16. Lebensjahr lang. Und ich habe mich noch nie rasiert; der Bart wird nur ab und zu mit der Schere gekürzt.
Schach oder Fußball?
Schach spielen und Fußball gucken. Ich lese auch Fußballbücher und die Zeitschrift „11 Freunde“. Und ich bin Anhänger von Borussia Dortmund.
Links sein - das bedeutet für mich vor allem . . .
. . . das kann ich gar nicht in einem Satz sagen. Auf jeden Fall gehören soziale Gerechtigkeit sowie der Respekt vor anderen Menschen und Andersdenkenden dazu.