Herne. . Holger Stoye, Hernes zukünftiger Wirtschaftsförderer, will einen Fokus auf die Innenstadt-Entwicklung legen. Das sind seine Ziele für die Stadt.

  • Heimatgefühle für Familie, Freunde und Region gaben den Ausschlag für die Rückkehr
  • Bei Neuansiedlungen will Holger Stoye das internationale Geschäft ausbauen
  • Hernes zukünftiger Wirtschaftsförderer sieht sich als Teamspieler

Der Rat hat im Juli Holger Stoye zum zukünftigen Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Herne (WFG) gewählt. Der gebürtige Herner wird im kommenden Jahr die Nachfolge von Joachim Grollmann antreten. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann erläutert Stoye seinen ersten Blick auf die Probleme und Chancen Hernes.

Sie sind Chef der Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH. Sie arbeiten also in einer Stadt mit einem Weltkonzern. Was hat den Ausschlag für den Wechsel nach Herne gegeben?

Die Entscheidung war Herne im Ruhrgebiet in NRW gegenüber Wolfsburg in Niedersachsen. Die Heimatgefühle für Familie, Freunde und Region gemeinsam mit der Aufgabenstellung haben gewonnen. Wolfsburg ist durch Volkswagen einzigartig in Deutschland, allerdings sind die Themen für Wirtschaftsförderer trotz unterschiedlicher Städte ähnlich. Zudem sind beide traditionell Arbeiterstädte, beide müssen große Anstrengungen für den ständigen Strukturwandel aufbringen. Herne hat mich nie losgelassen, und zusammen mit den aktuellen Entwicklungsansätzen finde ich Herne für meine Familie und mich sehr attraktiv.

Flächenaktivierung sieht Holger Stoye als eine Herausforderung - hier das ehemalige Pumpen-Müller-Gelände an der Eschstraße.
Flächenaktivierung sieht Holger Stoye als eine Herausforderung - hier das ehemalige Pumpen-Müller-Gelände an der Eschstraße. © Joachim Haenisch

Wenn Sie das Geschehen verfolgen: Wo liegen aus Ihrer Sicht die besonderen Probleme, aber auch Chancen in Herne?

Eine der Herausforderungen liegt sicher in der Aktivierung von Flächen. Es gibt immer weniger Flächen, die kurzfristig für die Entwicklung von Herner Unternehmen und darüber hinaus zur Verfügung stehen. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich: Mal sind es Altlasten, mal die (komplizierte) Eigentümerstruktur. Allerdings ist dies kein spezifisches Herner Problem, das haben alle Städte im Ruhrgebiet. Weitere Herausforderungen sind die Entwicklung in den Innenstädten wie auch in den angrenzenden Quartieren, z.B. zwischen Bahnhof und Roonstraße. Dort müssen wir genau hinschauen und Qualitätsansprüche durchsetzen.

Wo sehen Sie Chancen für Herne?

Ich bin überzeugt, dass wir zweigleisig agieren müssen. Es gibt viele Herner Unternehmen und Entscheider vor Ort, die sehr gut aufgestellt sind und sich hier vor Ort entwickeln können sollten. Bei der Ansiedlung von neuen Unternehmen stehe ich voll hinter dem Ansatz, das internationale Geschäft auszubauen. Hier hat Herne ja schon erste Pflöcke eingeschlagen. Die Kontakte in die Türkei oder nach China sind sehr spannend. Auch ein deutsch-türkischer Wirtschaftsgipfel würde ganz wichtige Impulse liefern und Herne so über die Stadtgrenzen hinaus strahlen lassen. Das Wichtige bei diesen Kontakten ist, dass internationale Firmen das Ruhrgebiet als Ganzes sehen und Interesse an der Lage in NRW und Deutschland haben. Für Standortentscheidungen sind dann Werte wie Vertrauen, Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit durchaus entscheidend – und auch hier sehe ich Herne in einer sehr guten Position.

Ein Grund für Ihre Wahl war auch Ihre Kompetenz bei der Entwicklung des Einzelhandels...

...ja, ich habe in Recklinghausen und Wolfsburg viele Entscheidungen begleiten dürfen.

Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Es gibt kaum eine Branche, die so viel beachtet und einem fundamentalen Wandel unterworfen ist wie der innenstadtrelevante Einzelhandel. Zwischen dem Inhaber geführten Geschäft, der Einkaufsmall und dem Outlet-Handel liegen kleine Welten. Der Innenstadthandel bedeutet über seine eigentliche Funktion hinaus doch sehr viel mehr für jede Stadt.

Eine Innenstadt müsse Erlebnis-Charakter bieten, so Holger Stoye.
Eine Innenstadt müsse Erlebnis-Charakter bieten, so Holger Stoye. © Hans Blossey

Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für Herne? Kann sich die Stadt gegen die Oberzentren wie Bochum, Dortmund oder Essen behaupten?

Ja, wenn Herne ein erlebnisstarkes Angebot mit einem guten Marken- und Branchenmix darstellen kann. Und „gut“ müssen wir definieren. Es liegt oft am Betrachtungswinkel. Die alten Zeiten sind vorbei und kommen nicht zurück. Wir müssen ergänzend schauen, ob wir mehr gute Gastronomiekonzepte in die Innenstadt bekommen. Das erhöht die Aufenthaltsqualität. Eine erfolgreiche Innenstadt muss heutzutage einen tollen Erlebnischarakter und zum Beispiel freies WLAN anbieten. Das bringt junge wie ältere Menschen zurück in die City. Innenstädte sind immer noch die wichtigsten Orte für die Begegnung in und Identifikation mit einer Stadt. Sie präsentieren unsere gesellschaftliche Mitte. Deshalb sind wir verpflichtet, das Beste herauszuholen und das Image positiv zu beeinflussen. Dafür müssen die wichtigsten Partner zusammenarbeiten und ein gemeinsames, realisierbares Ziel formulieren.

Keine einfache Aufgabe. Die Revitalisierung des Hertie-Hauses kommt zum Beispiel nicht recht in Gang.

Landmarken ist ein Unternehmen mit langen Atem. Ich bin mir sicher, dass es eine Lösung geben wird. Wir brauchen in Herne eine neue, lebendige Landmarke. Uns allen ist bekannt, dass es einige statistische Indikatoren gibt, die generell besser werden müssen. Damit verbunden sind spezielle Aufgaben und das ist die Herausforderung. Das Allerwichtigste höre und lese allerdings regelmäßig: Es gibt eine generelle, positive Grundstimmung in Herne! Diese Stimmung müssen wir nutzen, daran würde ich gerne mit meinem Team arbeiten.

>> ZUR PERSON

Holger Stoye wurde 1971 in Herne geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Er liebe den Sport, speziell Fußball, und die Kultur. Er wünscht sich für seine Familie wieder ein eigenes Haus in Herne.

Er freut sich, ein Teil des Ruhrgebiets sein zu können. Darüber hinaus hat er eine Vorliebe für die Niederlande, fühlt sich in Europa zu Hause und findet Internationalität sehr bereichernd.