Herne. . Im Februar wird Karsten Krüger Chef der Stadttochter HCR. Im Gespräch bezieht der ÖPNV-Nutzer Stellung - über Fusionen, sein Parteibuch und mehr.

  • Karsten Krüger wird im Februar 2018 neuer Chef des Nahverkehrsunternehmens HCR
  • 54-Jähriger will Takte und Verbindungen weiter verbessern und verfeinern
  • Fusion mit anderen Verkehrsbetrieben erteilt Krüger eine klare Absage

Der Rat hat in der vergangenen Woche die Wahl von Karsten Krüger zum neuen Geschäftsführer der HCR bestätigt. Er tritt Anfang Februar die Nachfolge von Wolfgang Neige an, der in den Ruhestand geht. Mit den WAZ-Redakteuren Michael Muscheid und Lars-Oliver Christoph sprach der 54-Jährige über seine Vorstellungen.

Ihr Berufswunsch als Kind: War das Busfahrer?

Karsten Krüger: Nein (lacht). Wie viele andere Kinder auch wollte ich Lokomotivführer werden.

Dann hätten Sie vielleicht Chef der WHE, der Wanne-Herner Eisenbahn, werden sollen und nicht Chef der HCR. Nutzen Sie denn den Nahverkehr?

Ja, aber nicht täglich. Die HCR kenne ich mein Leben lang, schon als Schüler bin ich oft Bus gefahren, von Herne-Mitte, wo ich aufgewachsen bin, zum Sport etwa, oder zu Freunden nach Wanne. Heute nehme ich öfter den 311er, von Castrop, wo ich an der Stadtgrenze wohne, nach Herne-Mitte.

Und wie oft ärgern Sie sich über die HCR?

Kaum. Ich finde die etwa halbstündigen Fahrten sehr angenehm. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es zu Stoßzeiten, etwa morgens vor der Schule, schon mal knubbelig wird im Bus. Und dann wird es für die Gäste bestimmt auch schon mal angespannter.

Was hat Sie an Ihrem künftigen Job gereizt?

Im öffentlichen Personennahverkehr stehen wichtige Änderungen an. Das Mobilitätsverhalten der Menschen verändert sich und die Sensibilität für eine saubere Umwelt wächst. Da stehen auch für die HCR Herausforderungen an.

Welche sind das?

Die Zentrale der Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel (HCR) An der Linde in Börnig. Von hier aus wird Karsten Krüger die Geschichte der HCR lenken.
Die Zentrale der Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel (HCR) An der Linde in Börnig. Von hier aus wird Karsten Krüger die Geschichte der HCR lenken. © Rainer Raffalski

Erst einmal ist es schon eine Herausforderung, die Qualität, die die HCR bietet, zu halten. Denn: Bei der Zufriedenheit der Kunden steht die HCR im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr ganz weit oben. Zum anderen steigt die Erwartungshaltung der Bürger, aber auch der Politik, was Takte, Umstiegsmöglichkeiten und Beschleunigung angeht. Der Modal-Split (die Verkehsmittelwahl; die Redaktion) soll sich verändern, die Nutzung von Bus und Bahn einfacher sein. In dieser Forderung steckt eine große Chance, sie ist aber auch nicht leicht zu erfüllen.

Warum?

Nicht leicht zu erfüllen ist sie, weil wir viele Faktoren ja nur mittelbar beeinflussen können, etwa innerhalb des VRR das Tarifsystem oder die Zuschüsse für den ÖPNV. Auf der anderen Seite bewegt sich viel in Herne, siehe etwa Innovation City: Beim Thema grüne Infrastruktur kann sich auch die HCR einbringen. Etwa der Weg hin zum emissionsfreien Bus, bei der Vernetzung von Grünflächen in Herne oder bei der Vernetzung von Bus und Fahrrad. Das alles mitzugestalten, ist spannend. Bei all dem dürfen wir aber nicht vergessen, dass qualifizierte und motivierte Mitarbeiter entscheidend für die Servicequalität im ÖPNV sind. Auch die Personalfindung und Personalbindung ist daher eine Herausforderung.

Eine weitere Herausforderung sind die Finanzen. Die HCR ist auf Zuschüsse angewiesen, fährt also nicht kostendeckend. Ist es da vorstellbar, Takte auszudünnen oder Linien zu streichen?

Öffentlicher Nahverkehr als Daseinsvorsorge kann in der erwarteten Qualität nicht kostendeckend sein. Es zeichnet ja gerade den öffentlichen Nahverkehr aus, dass er ein flächendeckendes, verlässliches und modernes Angebot bereithalten soll. Wenn Linien aber nicht mehr so angenommen werden wie zuvor, dann ist es auch legitim, dass man über Veränderungen nachdenkt. Insgesamt wird es aber darum gehen, Takte und Anbindungen weiter zu verfeinern und zu verbessern.

Die HCR hat zurzeit knapp 20 Millionen Fahrgäste im Jahr. Werden Sie sich die Entwicklung der Fahrgastzahlen sehr genau anschauen?

Auf jeden Fall. Erstes Ziel muss es ja sein, dass man mehr Menschen für den ÖPNV begeistert. Dazu muss man etwas tun, so wie jetzt durch die Änderung des Nahverkehrsplans, der im August greift. Das Angebot und die Qualität werden deutlich optimiert.

In Essen und Mülheim fusionieren gerade die städtischen Verkehrsbetriebe. Braucht man überhaupt noch die HCR? Oder wäre eine Fusion, etwa mit der Bogestra, auch für Herne der bessere Weg?

Für die HCR stellt sich die Frage aktuell nicht. Kooperationen sind wichtig, so wie die Kooperation Östliches Ruhrgebiet, die KÖR, in der sich HCR, Bogestra, Vestische und Dortmunder Stadtwerke zusammengeschlossen haben. Sie ist seit Jahren gewachsen und bietet viele wirtschaftliche Vorteile. Das kann man sicherlich ausbauen. Aber wie gesagt: Die Qualität der HCR ist sehr hoch. Ob ein größerer Konzern die halten kann, auf die spezifischen Belange von Herne und seinen Fahrgästen eingeht und dabei weitere wirtschaftliche Verbesserungen schaffen kann, das wage ich zu bezweifeln.

Bei der Neubesetzung des Chefpostens der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist ein Headhunter eingesetzt worden, bei der HCR nicht. Stand die Besetzung schon vor der Ausschreibung fest?

Nein, natürlich nicht. Der Aufsichtsrat hatte über die Art der Ausschreibung entschieden. Das gesamte Verfahren war sehr transparent.

In Teilen der Politik gab es Irritationen darüber, dass Sie als aussichtsreicher Bewerber für den HCR-Chefposten bereits mit der Presse gesprochen haben, bevor die Ratsopposition überhaupt von Ihrer Bewerbung wusste. Ist diese Kritik auch an Sie herangetragen worden?

Nein, davon habe ich persönlich nichts gehört. Ich habe mich letztlich darüber gefreut, dass die Entscheidung im Rat einstimmig erfolgt ist.

Können Sie sagen, warum das Unternehmen noch immer Straßenbahn Herne-Castrop-Rauxel heißt, obwohl Straßenbahnen keine Rolle mehr spielen?

(Lacht) Das kann ich nicht beantworten. Das hat wohl mit der Tradition des Unternehmens zu tun.

Der Härtetest: Krüger im HCR-Quiz

Wann wurde die HCR gegründet?

Karsten Krüger: 1912.

Knapp vorbei. Die Gründung erfolgte 1905. Nächste Frage: Wie viele Linien betreibt die HCR?

Bis zur Änderung des Nahverkehrsplans waren es 19 Linien.

Treffer. Wie viele Busse hat die HCR?

66 Busse sind es zurzeit.

Punktlandung. Und: Was kostet ein Einzelticket A1 für Erwachsene?

2,70 Euro.

Korrekt. Wir fassen zusammen. Drei von vier Antworten sind richtig.

Wahr oder falsch? Krüger bezieht Stellung

Wer kein Auto hat und in Herne häufig mit dem Bus unterwegs ist, hat es nicht immer leicht.

Falsch. Wir haben in Herne ein exzellentes Nahverkehrsunternehmen, das Angebot ist sehr gut. Viele Haltestellen sind im Radius von 250 Metern erreichbar.

Ohne SPD-Parteibuch wäre ich nicht an die HCR-Spitze gewählt worden?

Ich bin SPD-Mitglied, aber das ist falsch. Ich bin ja einstimmig gewählt worden.

Es ist heutzutage ein stressiger Job, Busfahrer zu sein.

Richtig. Es gibt sehr viele Anforderungen, die zu berücksichtigen sind.

Ist es trotzdem ein attraktiver Job?

Das finde ich schon. Ich glaube, es gibt viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der HCR, die ihren Job gerne machen.

In 30 Jahren wird es die HCR noch geben.

Auf jeden Fall!

>> INFO: ZUR PERSON

Karsten Krüger (54) ist in Herne-Mitte geboren. Er besuchte die Grundschule Schulstraße und das Otto-Hahn-Gymnasium, das er nach der 10 mit Fachoberschulreife verließ.

Bei der Stadt Herne wurde er zum Diplom-Verwaltungswirt ausgebildet. In seiner ersten Verwaltungsstation begleitete er für die Stadt Gründung und Aufbau der Flottmann-Hallen.

Später war er unter anderem Referent von Oberstadtdirektor Roland Kirchhof, Mitarbeiter im Stab von OB Wolfgang Becker und Büroleiter bei OB Horst Schiereck.

Zurzeit leitet er die Bereiche IT, Organisation und Personal; außerdem ist er Chef der städtischen Gesellschaft für Beschäftigungsförderung (GBH).

Krüger lebt mit seiner Frau in Castrop-Rauxel.

Seine Hobbys sind Sport (in der Jugend Leichtathletik - Mittelstrecke, später auch Volleyball, Tennis und Squash) und Musik. Seine Favoriten sind die Rock-Bands Deep Purple, Rainbow und Pink Floyd sowie Bob Dylan („die älteren Sachen“).