Herne. . Imkern liegt im Trend – in Herne gibt es über 500 Bienenvölker. Thomas Büch entdeckte vor fünf Jahren sein neues Hobby.
Wenn es darum geht, Ruhrgebietsromantik zu beschreiben, dann dürfen sie nicht fehlen: Brieftauben. Sie sind ein Klassiker, manche sagen, ein Klischee. Doch das „Rennpferd des kleinen Mannes“, wie es immer so schön heißt, ist ein Hobby der Vergangenheit, inzwischen liegen andere Tiere im Trend: Bienen.
Mitgliederzahl hat sich fast verdoppelt
Die Imkerei ist in, das offenbaren gerade auch die Herner Zahlen: Im Jahr 2005 zählte der Imkerverein Herne noch 46 Mitglieder und 159 Bienenvölker. Bis zum vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Mitglieder fast verdoppelt - auf 88. Die Zahl der Bienenvölker ist noch stärker gestiegen. Im vergangenen Jahr zählte der Verein 543 Völker, die bienenfleißig ausschwärmen, Blütenpollen sammeln und Honig produzieren. Mit mehr als vier Bienenvölkern auf den Quadratkilometer liegt Herne deutlich über dem NRW-Landesdurchschnitt (2,1 Bienenvölker) und an dritter Stelle im Bereich Westfalen-Lippe.
Einer, der vor fünf Jahren zu Imkerei als Hobby gefunden hat, ist Tobias Büch. Der 42-Jährige ist seit Jahren mit dem Herner Landwirt Max Große-Lahr befreundet. „Immer, wenn ich auf dem Hof war, habe ich mich für die Bienen interessiert“, erinnert sich Büch. Große-Lahr habe ihn quasi vor vollendete Tatsachen gestellt - indem er Büch ein Volk schenkte. Es dürfte keine Überraschung sein, dass es nicht bei diesem Volk geblieben ist. Inzwischen betreut Büch zehn Bienenvölker, er ist quasi Herr über rund 200 000 Haustiere. Jetzt, in diesen Sommertagen, kann man den sprichwörtlichen Bienenfleiß in Büchs Garten in der Gartenstadt in Eickel bestens beobachten. Bei genauer Beobachtung erkennt man schnell die Einflugschneisen. Doch Büch beschränkt sich nicht auf den eigenen Garten. Auch in der Nähe des Hauptbahnhofs steht eine von Büchs „Bienen-Palästen“.
Das Hobby ist spannend und sehr lehrreich
Dass die Imkerei im Trend liegt, auch das Marien Hospital Eickel hat im vergangenen Jahr ein Volk angeschafft, erklärt sich Büch so: Sie ist ein Hobby, das in einer dicht besiedelten Stadt wie Herne hautnah Natur bietet, sie bietet Ausgleich zum beruflichen Stress, und sie ist als eine der ältesten Zivilisationstechniken der Menschheit gesellschaftlich anerkannt.
Nachweise für organisierte Bienenhaltung reichen bis 2400 v. Chr. zurück. Für Büch kommt hinzu, dass das Imkern spannend und sehr lehrreich sei - und der Imker einen Ertrag habe, mit dem er anderen Menschen eine Freude bereiten könne. Imkermeister Andreas LeClaire, Vorsitzender des Kreisimkervereins Bochum-Herne, sieht noch einen weiteren Grund: Nachdem zu Anfang des Jahrtausends Meldungen von einem dramatischen Bienensterben bekannt geworden waren, „wollten wohl viele Menschen Bienenretter werden“, sagt LeClaire im Gespräch mit der WAZ-Redaktion. Doch zum Bienensterben später...
30 Kilo Honig pro Volk
Hernes Imker können anderen Menschen viel süße Freude machen. Ein Volk produziere durchschnittlich bis zu 30 Kilogramm Honig im Jahr, so Büch. Rechnet man das auf alle Herner Bienenvölker hoch, kommt man auf die erstaunliche Menge von rund 16 000 Kilogramm. „Und die sind bis Weihnachten weg“, so Büch. Der Ertrag hänge von der Witterung und dem Pflanzenangebot ab.
Wer nun mit dem Gedanken spielt, sich auch ein Volk anzuschaffen, dem gibt Büch zu bedenken, dass 200 000 Haustiere eben auch Arbeit machen - die keinen Aufschub duldet. Andreas Le Claire wird noch deutlicher: „Man hat die Verpflichtung, sich um die Bienen zu kümmern und kann zum Beispiel nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt in den Urlaub fahren. Wer imkern möchte, sollte sich das vorher sehr genau überlegen“, mahnt er. Aus Erfahrung weiß er, dass mindestens die Hälfte aller Neuanfänger nach einem Jahr schon wieder aufgeben.
Bienen vor Parasiten schützen
Ein Teil des Aufwands besteht darin, die Bienen vor Parasiten zu schützen. Als Umweltschützer angesichts des umfangreichen Bienensterbens Alarm schlugen, wurde auch Albert Einstein bemüht, dem folgender Satz zugeschrieben wird: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“ Inwieweit das stimmt, bleibt dahin gestellt, allerdings werden in China Blüten teilweise schon von Hand bestäubt.
Einer der größten Feinde der Bienen ist die Varoa-Milbe, die schon vor Jahrzehnten auch nach Deutschland eingeschleppt wurde. „Wir haben versucht, sie über Züchtungen in den Griff zu bekommen, aber das hat bislang nicht funktioniert“, so Le Claire. Tobias Büch sieht die Gefahr, dass durch den Klimawandel weitere Schädlinge eingeschleppt werden, die hierzulande bislang keine Rolle spielten - etwa der kleine Beutenkäfer.
Kein Bienensterben in Herne
In Herne könne angesichts der Zahlen von einem Bienensterben keine Rede sein. Und wer weiß: Setzt sich der Trend fort, könnte die Zahl der Bienenvölker in Herne sogar noch steigen.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Kooperation mit Stadtmarketing
Die Herner Imker kooperieren ab sofort mit Stadtmarketing Herne (SMH). Stadtmarketing beteiligt sich in einem ersten Schritt an den Druckkosten für die sogenannten Gewährverschlüsse. Dabei handelt es sich um jene Papiersiegel, die über den Deckel des Honigglases geklebt werden, damit Verbraucher sehen, dass ein Glas noch nicht geöffnet worden ist.
Die neuen Gewährverschlüsse tragen das neue Logo der Stadt Herne. „Der neue Slogan und das Logo der Stadt und die Imker passen gut zusammen, weil die Imker einen Beitrag leisten, dass Herne grün bleibt“, so SMH-Sprecher Alexander Christian. Die Imker zeigten mit dem Gewehrverschluss ihre Verbundenheit mit der Stadt. Eine Ausweitung der Kooperation sei denkbar. Wer das neue Logo ebenfalls nutzen will, kann es hier herunterladen.