Der in Herne aufgewachsene Journalist und Autor Robin Alexander las im Literaturhaus aus seinem Buch „Die Getriebenen“. Für ihn öffneten Politiker die Kalender.

Im Literaturhaus Herne Ruhr steht ein politisches Sachbuch auf dem Verkaufstisch. Aus „Die Getriebenen - Merkel und die Flüchtlingspolitik: Report aus dem Innern der Macht“ liest Autor Robin Alexander am Mittwoch und beantwortet Fragen. Robin Alexander, Redakteur der „Welt“, hat das Thema Flüchtlingspolitik sachlich-unterhaltsam aufbereitet und Entscheidungen im Zusammenspiel von politischen Strategien beleuchtet.

Rekonstruktion der Ereignisse

Neben den Ereignissen, die er selbst beruflich begleitet hat, bilden Interviews mit Akteuren des Flüchtlingsthemas die Basis für das Buch, das sich seit 16 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste hält. „Einige Politiker sind mit mir sogar ihren Outlook-Kalender durchgegangen, um nochmal zu rekonstruieren, was genau passiert ist,“ so Alexander zu einem Zuhörer, der über die sehr hohe Informationsdichte staunte.

In Kapitel 3 („Die Nacht, die Deutschland veränderte“) schildert der 42-jährige Autor die Geschehnisse fast im Minutentakt, die Angela Merkel dazu bewogen haben, die Grenzen zu öffnen. Das große Wirrwarr aus EU-Recht, politischen Haltungen und entscheidenden politischen Abläufen setzt der gebürtige Herner zu einer großen Erzählung zusammen. Nicht selten interpretiert er die Haltung Merkels und bricht sie auf wenige Zeilen herunter.

Robin Alexander zeichnet ein Bild Merkels als Handelnde allein auf weiter Flur, die an jenem 4. September 2015 unter Handlungszwang steht, als tausende Flüchtlinge auf der Autobahn in Ungarn unterwegs sind, und die meisten EU-Länder vergeblich bittet, einen Teil der Geflüchteten aufzunehmen. Wer hat in den entscheidenden Momenten mit wem gesprochen? Mit einem Sprung zum EU-Türkei-Deal zeigt er kritische Distanz zur aktuellen Flüchtlingspolitik.

„Die Getriebenen“ holt das Thema Flüchtlinge aus der Meinungsecke heraus. Alexander: „Wir Deutschen neigen dazu, moralisch zu interpretieren. Mir war es aber wichtig Politiker weder gut noch böse darzustellen, sondern ihr Handeln im Zusammenspiel von politischen Zwängen zu schildern.“